Eine weitere Analyse dänischer Registerdaten aus der Arbeitsgruppe um Lina Steinrud Mørch wurde publiziert. (Harman Gailan Hassan Yonis et al. Reserach Letter: Contemporary Hormonal Contraception and Risk of Venous Thromboembolism. JAMA 2025; im Druck: doi:10.1001/jama.2024.28778)

Es ging erneut um die Frage des Thromboserisikos, das nunmehr für kombinierte Kontrazeptiva – oral, Ring, Pflaster – so wie auch für Gestagen-Mono-Präparate oral und als IUD ausgewertet worden sind.

Berechnet wurde das Risiko zusätzlicher venöser Thrombo/Embolien pro 10.000 Frauenjahre. Dieses Risiko war 8,0 (95 % KI 7,2 – 8,7) für kombinierte Präparate, 6,0 (95 % KI 2,1 – 9,8) für Verhütungsringe, 6,1 (95 % KI -3,6 – 15,8) für Pflaster und 1,6 (95 % KI 0,7 – 2,6) für Gestagen-Mono-Präparate mit Desogestrel. Das Risiko für LNG IUDs war nicht erhöht (0,1 (95 % KI -0,3 – 0,6).

Es gab keinen Unterschied zwischen Präparaten mit Östradiol gegenüber solchen mit Ethinylöstradiol. Abhängig vom enthaltenen Gestagen und der Ethinylöstradioldosis betrug die Spanne 3,0 (95 %KI -1,8 – 7,7) (Präparate mit 20 µg Ethinylöstradiol und Levonorgestrel) bis 14,2 (95 % KI 9,2 – 19,3) für kombinerte Präparate mit sogenannten 3. Generations-Gestagenen.

Grundsätzlich zeigen die Ergebnisse nichts wirklich Neues, sie bestätigen Altbekanntes. Neu und überraschend ist ein erhöhtes Thromboserisiko bei oralen Gestagen-Mono-Präparaten, wobei dies mit 1 Thrombose zusätzlich pro 10.000 Frauenjahre überschaubar gering ist. Dennoch: Zu erwarten war kein Einfluss. Dies spricht, einmal mehr, für einen erheblichen Selektions- bzw. Verschreibungsbias mit Verzerrung der Ergebnisse.

Zudem erschien aus derselben Arbeitsgruppe die Auswertung der dänischen Registerdaten zum Schlaganfall- und Myokardinfarktrisiko. (Harman Yonis et al. Stroke and myocardial infarction with contemporary hormonal contraception: real-world, nationwide, prospective cohort study. British Medical Journal 2025; 388: e082801) Die Daten bestätigen das zwar geringe aber vorhandene Risiko für arterielle Ereignisse bei Anwendung kombinierter Präparate. Für Gestagen-Mono-Präparat war das Risiko nicht signifikant erhöht, für orale Präparate allerdings tendentiell höher als bei Nicht-Anwendung hormoneller Kontrazeptiva (zusätzliche Ereignisse für Schlaganfaälle pro 100.000 Frauenjahre unter Desogestrel 75 µg 17 (95 % KI -2 – 36) und für Myokardinfarkte 16 (95 % KI -5 – 37). Wiederum ein nicht nachvollziehbares unplausibles Ergebnisse. Unplausibel ist zudem die Beschreibung eines fehlenden Risikos für Schlaganfälle bei Anwendung von Depot-MPA, das v.a. niedriger ausfiel als das für Desogestrel 75 µg. Der Mangel an Fällen bei Myokardinfarkten machte eine Auswertung erst gar nicht möglich.

Wie bereits geschrieben: Diese Registerdaten lassen einen relevanten Selektions- bzw. Verschreibungsbias vermuten. Relevante Risikofaktoren, die mutmaßlich zur Auswahl spezieller Präparate im individuellen Fall geführt haben, wurden offenbar nicht erfasst. Anders kann zumindest ich mir diese Ergebnisse nicht erklären. Plausibel erklären können die Autor:innen ihr Ergebnis auch nicht.

Um dies klarzustellen: Ich bezweifle ich keiner Weise die Auswirkung kombinierter Präparate auf das Thrombose-Embolie- und das arterielle Risiko. Zudem gehe ich von einem ählich erhöhten Risiko bei Depot-MPA-Präparaten aus.  Ich bezweifle jedoch das Risiko für die oralen Gestagen-Monopräparate (75 µg Desogestrel und Drospirenon – letzteres war aufgrund der geringen Daten nicht bewertbar in diesen beiden Studien) und ein Gestagen-Implantat mit Etonogestrel. Für LNG IUDs waren die untersuchten Risiken jeweils nicht erhöht.

Ihr

Michael Ludwig