Meine Vorbehalte bzgl. einer Übertherapie mit L-Thyroxin dürften den meisten bekannt sein. Eine aktuelle Publikation aus Korea beschäftigt sich mit Registerdaten von Frauen und Männern mit einer jenseits 50 Jahren neu-diagnostizierten Hypothyreose, die mindestens 2 Jahre supplementiert wurden. (Saemi Han et al. Association of Thyroid Hormone Medication Adherence With Risk of Dementia. Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism 2024; 109: e225-e232)

Die schlussendlich eingeschlossenen 41.554 Personen wurden über den vergebenen ICD-Schlüssel identifiziert, durften keine kardiovaskulären Vorerkrankungen und keine Demenz-Anamnese haben. Der Median des Alters war 58 Jahre (IQR 53 – 64 Jahre), des BMI 24,6 kg/m2 (IQR 22,8 – 26,5), 12,5% waren Männer, 87,5% Frauen.

Bei hoher Medikationsadhärenz war dies assoziiert mit einem niedrigeren Risiko für eine neu-diagnostizierte Demenz.

Das Ergebnis ist interessant und nicht unrelevant – es ist jedoch, meiner Meinung nach, auch kritisch zu sehen. Die Diagnose einer Hypothyreose ist im Alter schwierig und muss vorsichtiger gestellt werden, da das TSH altersbedingt steigt. Eine übermäßige Versorgung mit Schilddrüsenhormonen ist nach anderen Studien assoziiert mit dem Alter und eine unkritische Überdosierung geht einher mit höherem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und eine Osteopenie und Tod durch kardiovaskuläre Ereignisse. Ist also ggf. die Beobachtung nur Folge einer verantwortungsbewussteren und gesünderen Population, einer besseren mentalen Gesundheit und insofern eines per se niedrigeren Demenz-Risikos?

Ich will nicht falsch verstanden werden: Wenn eine L-Thyroxin-Medikation indiziert ist, gibt es keinen Grund, diese auch im Alter nicht zu verschreiben. L-Thyroxin ist jedoch keine präventive Medikation bzgl. einer Demenz – ich sehe diese falsche „Schlagzeile“ schon vor mir!

Ihr

Michael Ludwig