In einer umfangreichen Leitlinie geht die ASRM auf die Frage ein, inwieweit eine subklinische Hypothyreose relevant ist für die Fertilität, den Schwangerschaftsverlauf, dass outcome bei der Geburt und die Entwicklung des Kindes. (Practice Committee of the American Society for Reproductive Medicine: Subclinical hypothyroidism in the infertile female population: a guideline. Fertility & Sterility 2024; im Druck: doi.org/10.1016/j.fertnstert.2023.12.038)

Die Leitlinie wird eingeleitet durch den Versuch einer Definition der subklinischen Hypothese, die üblicherweise definiert es als ein TSH oberhalb des oberen Referenzbereichs bei unauffälligen peripheren Schilddrüsenhormon. Mit dieser Definition liegt die Inzidenz einer subklinischen Hypothyreose bei 4-8 %.

Die Autor:innen der Leitlinie definieren den oberen Referenzwert als 4,12 mIE/l, wenn es keine genaueren Angaben des entsprechenden messenden Labors gibt. Bei Schwangeren sollte im 1. Trimenon der obere Referenzwert des TSH um 0,5 mIE/l reduziert werden und im 2. und 3. Trimenon der Wert von 4,12 mIE/l, also der von nicht-schwangeren Frauen verwendet werden.

Die Leitlinie spricht sich klar gegen ein universelles Screening aller Frauen aus, die eine Schwangerschaft anstreben beziehungsweise schwanger sind. Die Untersuchung des TSH sollte beschränkt werden auf diejenigen, die ein erhöhtes Risiko für Schilddrüsenerkrankungen haben.

Zum Zusammenhang zwischen der Schilddrüsenfunktion und dem Abortrisiko sehen die Autor:innen aufgrund der aktuellen Literatur überzeugende Beweise dafür, dass bei einer subklinischen Hypothyreose kein erhöhtes Abortrisiko angenommen werden muss. Die Datenlage zeigt zu dem kein erhöhtes Abortrisiko bei einem TSH zwischen 2,5 und 4,12 mIE/l.

Das Risiko einer Subfertilität ist durch eine subklinische Hypothyreose ebenfalls nicht erhöht bzw. beeinflusst.

Ein schlechteres Outcome der Schwangerschaft kann anhand der vorliegenden Studiendaten nicht in Zusammenhang gebracht werden mit einer subklinische Hypothyreose. Dasselbe gilt für die neurologische Entwicklung der Kinder nach der Geburt.

Zudem wurde anhand der Literatur geprüft, ob eine Therapie der subklinische Hypothyreose einen positiven Einfluss auf verschiedene Aspekte der Schwangerschaft haben könnte. Auch bei dieser Fragestellung kommt die Leitlinie zu dem Schluss, dass durch die Einnahme von L-Thyroxin das Abortrisiko, die Chance auf eine klinische Schwangerschaft oder Lebengeburt nicht beeinflusst werden. Bezüglich der Geburtsrisiken, der neonatalen Situation des IQ in der Kindheit und der neurologischen Entwicklung der Kinder zeigen drei randomisierte Studien keinen positiven Effekt von L-Thyroxin bei Frauen mit subklinischer Hypothyreose, so die Autor:innen.

Eine offene Frage sehen die Autorinnen interessanterweise darin, ob bei einer Autoimmunthyreopathie eine L-Thyroxin-Supplementierung Therapievorteile haben könnte. Dies ist insofern interessant, weil bereits verschiedene Studien genau dieser Frage nachgegangen sind und eben keinen Vorteil gefunden haben.

Zusammengefasst passt diese Stellungnahme der ASRM in die Ergebnisse der weltweit publizierten Studien und insofern auch zu meiner bereits vielfach in diesem Blog und bei Seminaren zunehmend vertretenen Meinung, dass die Bedeutung der Schilddrüse deutlich zu hoch aufgehängt worden ist.

Um eine relevante Schilddrüsendysfunktion nicht zu übersehen würde ich – dabei bleibe ich im Gegensatz zu dieser Leitlinie – TSH in der Frühschwangerschaft kontrollieren. Ist das TSH jedoch im Referenzbereich, ist grundsätzlich eine Supplementierung nicht hilfreich. Man könnte aufgrund der obigen Ausführungen und der vorliegenden Studien überlegen, bei einem TSH in der Frühschwangerschaft von über 3,5 mIE/l die TPOAK zu kontrollieren. Sind diese positiv, so wäre das Risiko für eine sich entwickelnde Hypothyreose ggf. erhöht und eine Supplementierung sinnvoll. Wären sie negativ, würde ich davon Abstand nehmen.

Eine lange überfällige Stellungnahme einer der größten Fachgesellschaften im Bereich der Gynäkologie weltweit.

Ihr

Michael Ludwig