Es ist weitestgehend akzeptiert, dass eine hormonelle Substitution in der Peri- und Postmenopause einen positiven Einfluss auf die Gewichtsentwicklung hat – ich habe dazu schon häufiger etwas geschrieben und noch häufiger in Seminaren und Workshops erzählt. Nun werden Ergebnisse der WHAM-Studie publiziert: What happens after Menopause? – Studie. In dieser Studie wurden über 24 Monate 95 Frauen und 81 alters-gematchte Kontrolle beobachtet. Bei den Kontrolle war die Ovarfunktion organisch erhalten, bei den 95 Studienpersonen war eine Adnexektomie aufgrund eines hohen Ovarialkarzinomrisikos durchgeführt worden. 59 Frauen erhielten konsekutiv eine HRT, meist transdermal. (Sarah A. L. Price et al. WHAM—A Prospective Study of Weight and Body Composition After Risk-Reducing Bilateral Salpingo-oophorectomy. Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism 2024; 109: e397-e405)

Bei allen Frauen wurde das Gewicht über 24 Monate beobachtet. In einer Subgruppe von 54 bzw. 81 Frauen erfolgte eine Dual-Röntgen-Absorptiometrie.  Zu Studienbeginn waren die Frauen in der Studiengruppe 42,11 ± 4,15 Jahre alt, die in der Kontrollgruppe 40,81 ± 5,8 Jahre.

Nach 24 Monaten war das Gewicht in beiden Gruppen gestiegen, sowohl nach Adnexektomie als auch in der Kontrollgruppe (2.760 ± 4.860 g vs. 1.620 ± 4.540 g), der Unterschied war nicht signifikant.

In der Subgruppe mit differenzierter Beurteilung der Körperzusammensetzung zeigte sich nach 24 Monaten ebenfalls kein signifikanter Unterschied (mittlerer Unterschied der Gewichtszunahme über 24 Monate 944 g, 95% KI -1.120 – 2.614 g, p = 0,431). Einzig signifikant war, dass Frauen in der Adnexektomie-Gruppe etwas mehr viszerales Fett hinzugewonnen hatten (mittlerer Unterschied 99,0 g, 95% KI 8,8 g – 189,2 g, p = 0,032). Alle anderen Parameter waren nicht unterschiedlich. Insbesondere ergab sich kein Unterschied zwischen den Anwenderinnen und Nicht-Anwenderinnen einer HRT in der Sub-Gruppe – die Differenz der Gewichtszunahme betrug nach 24 Monaten 30 g (HRT-Gruppe abzüglich der Nicht-HRT-Gruppe).

Die Ergebnisse dieser Studie sind hochinteressant, da Sie zumindest Zweifel an der These aufkommen lassen, dass eine HRT stets die Gewichtsregulation vereinfacht.

Eine namhafte Autorin kommentiert diese Studie. In dem begleitenden Editorial sieht sie wenig Zweifel an den Ergebnissen bzw. findet nur wenig Kritik am Studiendesign. (Nanette Santoro. Do Your Ovaries Keep You Slim? WHAM Says No. Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism 2024; 109: e858-e859)

Kritisch, so führt sie aus, ist die eher theoretische Überlegung, dass die Frauen bzgl. des Alters gematcht waren, dass man jedoch nichts über den Zeitpunkt des perimenopausalen Übergangs in der Kontrollgruppe weiß. Andererseits lag das Mittlere Alter in der Kontrollgruppe mit 40,81 ± 5,8 Jahre so niedrig, dass eher nicht von einer relevant fortgeschrittenen Perimenopause währen der 24monatigen Studienlaufzeit ausgegangen werden müsse.

Die aktuellen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Funktion der Ovarien höchstens einen geringfügigen Beitrag dazu leistet, eine Zunahme der Ansammlung von viszeralem Bauchfett im Laufe der Zeit zu vermeiden. Zudem legen sie nahe, dass diese Ansammlung von viszeralem Bauchfett nicht durch Sexualsteroide reguliert wird, da die Hormontherapie keinen Zusammenhang mit Veränderungen in diesem Bereich hatte. Auch wenn also die Ovarien eine gewisse Bedeutung haben, scheint diese sich nicht auf die Produktion von Östradiol und Progesteron zu beschränken.

Anders gesagt: Die Gewichtszunahme perimenopausal ist noch immer nicht verstanden. Ich hatte auch schon das ein oder andere Mal darauf hingewiesen, dass das Problem größer sein muss als „nur“ der Wegfall der ovariellen Aktivität, da die Problematik bei unseren Patientinnen bereits zu Beginn der 5. Lebensdekade beginnt und eben nicht erst in Zusammenhang mit Peri- und Postmenopause.

Ihr

Michael Ludwig