Vermutlich hat sich die Frage schon jeder mal gestellt: Könnte man nicht ein LNG IUD auch zur Notfallkontrazeption nutzen – obwohl es dafür nicht zugelassen ist?

Nun wird aktuell eine prospektive, randomisierte multizentrische (n = 6) Studie aus Utah publiziert, bei der 10.317 Frauen, die sich zur Notfallkontrazeption beraten ließen, zwischen August 2016 und Dezember 2019 nach Aufklärung und Einwilligung randomisiert eine Kupferspirale (n = 356) oder ein LNG IUD (n = 355) angeboten wurde (David K. Turok et al. Levonorgestrel vs. Copper Intrauterine Devices for Emergency Contraception. New England Journal of Medicine 2021; 384: 335 – 344).

Die Frauen mussten zwischen 18 und 35 Jahren alt sein und innerhalb von 5 Tagen zuvor ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt haben. Der Zyklus sollte zwischen 21 und 35 Tagen lang sein. Das mittlere Alter betrug 24,0 ± 4,9 Jahre (LNG IUD) bzw. 23,9 ± 4,6 Jahre (Kupferspirale).

321 bzw. 317 wurde das Präparat eingelegt und lieferten Informationen 1 Monat später dazu, ob eine Schwangerschaft eingetreten war. Es kam zu 1 Schwangerschaft in der Levonorgestrel- und zu keiner in der Kupferspiralen-Gruppe (absolute Differenz 0,3%, 95% KI -0,9 – 1,8).

Die Differenz zwischen denjenigen, die randomisiert wurden und denen, die das Präparat tatsächlich erhielten, resultierte v.a. daraus, dass je 28 Frauen sich nicht zur Einlage vorstellten und bei 20 (Kupferspirale) bzw. 21 (LNG IUD) das Präparat nicht eingelegt werden konnte.

Die Studie ist grundsätzlich sehr zu begrüßen, da sie Daten zu einer häufig gestellten offenen Frage liefert. Kritisch ist meiner Meinung nach, dass nicht klar dargestellt wird, wie hoch das Schwangerschaftsrisiko tatsächlich war – wie nahe also, die Frauen am fertilen Fenster des Zyklus ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt hatten. Berichtet wird lediglich, dass im Mittel 2,1mal innerhalb von 5 Tagen vor Einlage ungeschützter Verkehr stattgefunden hatte. Das ist, bei allem Respekt für das Design und die Durchführung der Studie ein relevanter Punkt, um die tatsächliche Sicherheit der Notfallkontrazeption zu belegen.

Diese Studie ist nicht die erste, die der Frage nachgegangen ist, in einer kleineren Kohortenstudie mit 121 Frauen, die ein LNG IUD nutzten, gab es keine Schwangerschaften im Rahmen der Notfallkontrazeption (Turok DK et al. Preference for and efficacy of oral levonorgestrel for emergency contraception with concomitant placement of a levonorgestrel IUD: a prospective cohort study. Contraception 2016; 93: 526-32).

Grundsätzlich zeigt die Studie eine Nicht-Unterlegenheit für LNG IUDs bei der Notfallkontrazeption (non-infertility Studiendesign). Das ist schon mal erfreulich. Bevor man sich aber auf die Sicherheit von LNG IUDs bei der Notfallkontrazeption verlassen möchte, die dafür nicht zugelassen sind, braucht es definitiv mehr Daten, vor allem genauerer Daten zum jeweiligen individuellen Risiko im betreffenden Zyklus.

Ihr

Michael Ludwig