Sie kennen vermutlich meine Meinung zu Ulipristalacetat und die Wechselwirkung mit hormonellen Kontrazeptiva: alle (!) bisher publizierten Daten, 3 Studien, zeigen, dass der Neustart eines hormonellen Kontrazeptivums – egal ob eines Gestagen-Mono-Präparates oder eines kombinierten Kontrazeptivums – nach Gabe von 30 mg Ulipristalacetat die Wirkung des Ulipristalacetats relevant reduzieren, also wichtige Verschiebung der Ovulation um 5 Tage weitestgehend aufheben.

Ich habe daher schon seit Jahren dafür plädiert, dass man bei Anwendung von 30 mg Ulipristalacetat die Einnahme eines hormonellen Kontrazeptivums abbrechen, alternativ verhüten und mit der nächsten Menstruation erneut starten sollte.

Nun wird eine Studie der Firma HRA Pharma erscheinen, die das Medikament herstellt. In dieser Studie wird erstmalig die Situation simuliert, dass 54 Frauen nach Einnahme der ersten 4 Tabletten eines kombinierten Kontrazeptivums (30 µg Ethinylöstradiol, 150 µg Levonorgestrel) die Einnahme für 3 Tage unterbrechen – quasi 3 Tabletten in Folge „vergessen“ – und am Tag 8 eine Tablette 30 mg Ulipristalacetat nehmen. Konsekutiv wurde randomisiert entweder direkt wieder mit dem kombinierten Kontrazeptivum zu starten oder aber dieses für weitere 5 Tage auszusetzen. 26/27 bzw. 23/27 Frauen komplettierten die jeweiligen Studienarme.

80,6% bzw. 82,3% der Frauen hatten am Tag 8 keinen Follikel von 10 mm Durchmesser oder mehr. Keine Frau, die sofort wieder mit dem kombinierten Kontrazeptivum startete, zeigte eine Ovulation mit Progesteronnachweis. Hingegen ovulierten 4 Frauen, wenn weitere 5 Tage nach Einnahme von Ulipristalacetat 30 mg abgewartet wurde (17,4%). Je eine Ovulation fand am Tag 15 und 17, zwei am Tag 16 statt – also mit einem Verzug von über 7 Tagen frühestens nach Einnahme von 30 mg Ulipristalacetat.

Was bedeutet das? Tatsächlich bin ich noch nicht bereit, meine ursprüngliche Ansicht und Meinung zu revidieren. Wenn sich bei mir eine Anwenderin vorstellt mit einem Vergessen ähnlich dieser Studie, so würde ich einen Ultraschall durchführen. Sehe ich keinen Follikel über 10 mm und ein flaches Endometrium würde ich ihr raten alternativ zu verhüten in diesem Zyklus, das kombinierte Kontrazeptivum weiter einzunehmen – zu einem Notfallkontrazeptivum würde ich ihr nicht raten. Die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb einer Zeit von 5 Tagen die Ovulation eintritt bei diesem Ultraschallbild ist denkbar gering. Die Frage in diesem Studiensetting ist daher, ob überhaupt die Einnahme von 30 mg Ulipristalacetat notwendig war und wie sich die Konstellation verhalten hätte, wie das Ovulationsrisiko gewesen wäre, wenn die Studienteilnehmerinnen größere Follikel gehabt hätten.

Dennoch sind die Daten interessant, zeigen aber im Wesentlichen, dass die sofortige Wiedereinnahme eines kombinierten Kontrazeptivums wichtig ist, um die ovarielle Aktivität so gut wie möglich zu supprimieren. Ob Ulipristalacetat in einer anderen Konstellation – großer Follikel, 14-15 mm, nach Vergessen der Einnahme – protektiv wirkt, bleibt offen.

Manchmal muss man offen sein für neue Einschätzung – das bin ich und war ich immer, wenn interessante Studien neue Aspekte offenbaren. Aktuell würde ich von meiner Empfehlung, die weitere Einnahme kombinierter Kontrazeptiva und Gestagen-Mono-Präparate nach Einnahme von Ulipristalacetat zu unterlassen und anders zu verhüten, nicht abrücken, wenn sich eine relevante Risikosituation ergibt.

Ihr

Michael Ludwig