In Hinblick auf eine Androgensubstitution bei Frauen gibt es drei zu beenkende Risiken: (1) das kurzfristige Risiko der Androgenisierung bei einer (relativen) Überdosierung mit konsekutiven Androgenisierungszeichen wie Haarausfall, Akne, Hirsutismus oder Stimmveränderungen, (2) das Mammakarzinomrisiko, da erhöhte Androgenspiegel asooziiert sind mit dem Risiko eines Mammakarzinoms und (3) kardiovaskulären Risiken, da auch diesbezüglich Frauen mit kardiovaskluären Ereignissen höhere Androgenspiegel zeigen als diejenigen, die keine solche Ereignisse erleben.

Bzgl. (2) und (3) fehlt allerdings die Evidenz für eine direkte Dosis-Wirkungs-Beziehung – denn allein die Assoziation bedeutet nicht, dass eine Androgensubstitution per se auch diese Risiken erhöhen wird. Ggf. sind die höheren Androgenspiegel nur Ausdruck anderer relevanter Risikofaktoren, z.B. einer Adipositas, einer Hyperinsulinämie, eines Typ 2 Diabetes mellitus usw.

Eine Publikation hat die Daten von 36 Arbeiten ausgewertet, die sich mit dem Thema kardiovaskulärer Risiken durch eine Testosteronsubstitution bei Frauen beschäftigt haben. (Rhys C. Britton und Nicole F. Beamish. The Impact of Testosterone Therapy on Cardiovascular Risk Among Postmenopausal Women. Journal of the Endocrine Society 2024; 8: 1-10)

Von den 36 identifizierten Arbeiten wurden schlussendlich nur 7 inkludiert. 4 waren prospektiv, randomisiert und doppelt-blind, 2 waren randomisiert, kontrolliert und 1 war eine Beobachtungsstudie. 4 der Studien beschreiben Verbesserung kardiovaskulärer Risikomarker wie eine Verbesserung der Lungenfunktion (1 Studie), der Muskelmasse (3 Studien), des Cholesterins (3 Studien), von Entzündungsmarkern (CRP, Fibrinogen) (2 Studien) und der fettfreien Körpermasse (4 Studien). Andererseits aber gibt es in 4 der 7 Studien auch negative Hinweise wie einen Effekt auf das HDL-Cholesterin (3 Studien), das viszerale Fett (1 Studie), eine erhöhte Insulinresistenz und ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (2 Studien).

Die Schlussfolgerung des Autors und der Autorin ist, dass sich das kardiovaskuläre Risiko anhand der vorliegenden Literatur nicht sicher einschätzen lässt. Das führt meiner Meinung nach dazu, dass man mit einer Therapie, die zudem einen nur unklaren Vorteil bietet, nach wie vor sehr zurückhaltend sein sollte.

Ihr

Michael Ludwig