Eine dänische Registerstudie erbringt eine überraschende Beobachtung: Eine systemisch applizierte HRT vor dem Alter von 50 Jahren ist assoziiert mit einem signifikant erhöhten Risiko für Depressionen vor allem im Jahr nach Therapiebeginn (HR 1,50, 95% KI 1,24 – 1,81). Dies galt unabhängig davon, ob eine Östrogen-Mono-Therapie (HR 2,03, 95% KI 1,21 – 3,41) oder eine kombinierte Therapie erfolgte (HR 2,01, 95% KI 1,26 – 3,21). (Marie K. Wium-Andersen et al. Association of Hormone Therapy With Depression During Menopause in a Cohort of DanishWomen. JAMA Network Open 2022;5(11):e2239491. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.39491)
Eine lokale Therapie war nicht mit einem erhöhten Risiko assoziiert.
Die Frage nach der Therapie von Depressionen MIT einer HRT ist gängig und wird häufig gestellt und diskutiert. Frau Prof. Stute kommentiert die Studie als Vertreterin der DMG denn auch im FRAUENARZT sehr kritisch. (Einfluss einer HRT auf das Risiko einer Depression. FRAUENARZT 2023; 64: 108 – 109) Unter anderem weist sie einleitend darauf hin, dass die NAMS, die nordamerikanische Fachgesellschaft, Östrogene als antidepressive Medikation einstuft.
Relevant ist in meinen Augen, dass in dieser Registerstudie ähnlich wie vor einigen Jahren im Rahmen der hormonellen Kontrazeption, ggf etwas ganz anders beobachtet wird: Dass nämlich zu einer Hormontherapie gegriffen wird, um eine vermeintliche Stimmungslabilität oder „depressive Symptomatik“ zu behandeln, die dann einige Monate später manifest wird und in den Registern entsprechend auftaucht und kodiert ist. Es ist also nicht die HRT, die die Depression verursacht, man sieht eine Selektionsbias, der diejenigen bevorzugt, die bereits eine beginnende depressive Symptomatik zeigen. So sinkt dann auch über die Länge der Anwendungszeit hinweg die Wahrscheinlichkeit einer hospitalisierungspflichtigen Depression ab.
Inwiefern tatsächlich eine HRT indiziert ist, um eine depressive Stimmung zu optimieren, halte ich nach wie vor für diskussionswürdig und verweise dazu gerne auf die Ausführungen in meinem Buch „Sinnvolles tun – Unsinniges lassen“ (https://optimist-verlag.de/produkt/sinnvolles-tun-unsinniges-lassen/). Was in dieser jetzt vorliegenden Studie Fakt ist, kann man nur spekulieren. Allerdings widersprechen die Daten anderen bisherigen Beobachtungen.
Ihr
Michael Ludwig
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