Ergänzend zu zwei anderen Studien ist eine dritte zu einem Gestagen-Mono-Präparat mit 75 µg Norgestrel erschienen. Hintergrund des ambiotionierten Publizierens ist, dass das Präparat in den USA als OTC-Präparat für die Kontrazeption zugelassen werden soll. In dieser dritten Untersuchung ging es um die Frage, zu welcher Veränderung der Wirkung das Weglassen einzelner Tabletten führt. (Anna Glasier et al. The effect of deliberate non-adherence to a norgestrel progestin-only pill: a randomized, crossover study. Contraception, im Druck: doi.org/10.1016/j.contraception.2022.09.002)

Die Studienteilnehmerinnen waren 18 – 35 Jahre (28,3 ± 4,5 Jahre) alt, BMI < 32 kg/m2 (24,0 ± 3,7 kg/m2). Über 28 Tage wurde das Präparat korrekt täglich genommen, im zweiten und dritten Einnahmezyklus wurde eine Tablette 6 Stunden später eingenommen oder komplett weggelassen. Dazu wurden die Studienteilnehmerinnen randomisiert, entweder zuerst das Präparat verzögert einzunehmen oder zuerst wegzulassen. Dies geschah am Einnahme Tag 42 ± 3 bzw. 70±3, also jeweils um den 14. Einnahmetag eines Zyklus.

Jeweils 14 Frauen von 46 (30%) ovulierten in den Interventionszyklen. Im Zyklus der verzögerten Einnahme (+6h) hatten 4 von den 14 eine abnorme Lutealphase. 7 zeigten einen steigenden Mukus-Score, alle im intermediären Bereich. Eine Studienteilnehmerin hatte eine Gesamtveränderung, die die Möglichkeit einer normalen Fertilität nahe kam.

Im Zyklus der weggelassenen Tablette hatten nur 2 derjenigen 14, die ovulierten, eine abnorme Lutealphase. 8 Teilnehmerinnen in der Gruppe hatten einen erhöhten Mukus-Score, die Hälfte davon einen fertilen Mukus-Score ≥ 9. Eine Frau hatte dadurch Scores einer normalen Fertilität.

Insgesamt hatten 8 von den 46 Frauen zumindest zeitweise in einem der beiden Zyklen einen reduzierten Kontrazeptionsschutz, eine Frau hatte dies zeitweise in beiden Zyklen.

Allerdings war der zeitliche Zusammenhang mit der verzögerten Einnahme bzw. der weggelassenen Tablette die Ausnahme mit zwei bzw. nur einer Studienteilnehmerin.

Die Studie bestätigt einmal mehr, dass ein Gestagen-Mono-Präparat mit 75 µg Norgestrel – entsprechend 37,5 µg Levonorgestrel – auch bei korrekter Anwendung nicht in 100% der Fälle eine sichere Kontrazeption bedingt. Die Studie zeigt auch, dass Einnahmefehler die Unsicherheit dieser Kontrazeptionsstrategie nur wenig beeinflussen. Ein Makel der Studie ist, dass im Mittel 2-3 Tabletten eines hormonellen Kontrazeptivums pro Zyklus nicht zum korrekten Zeitpunkt eingenommen werden. Dies wird mit hoher Wahrscheinlichkeit, die Sicherheit zusätzlich reduzieren.

Ihr

Michael Ludwig