Anhand schwedischer Registerdaten sollte der Frage nachgegangen werden, ob eine frühe Identifizierung und antiandrogene Behandlung von Frauen mit PCO-Syndrom deren spätere Fertilität verbessern könnte (E. Elenis et al. Early initiation of anti-androgen treatment is associated with increased probability of spontaneous conception leading to childbirth in women with polycystic ovary syndrome: a population-based multiregistry cohort study in Sweden. Human Reproduction, im Druck). Bereits früher publizierte Daten deuteten daraufhin, dass Frauen, bei denen die Diagnose früh gestellt wurde, später schneller schwanger wurden. Inwieweit das aber Folge der Diagnose und (präventiven?) Therapie war oder Folge einer dann früheren aktiven Kinderwunschbehandlung bleibt offen. Auch diese Studie wird die Frage nicht beantworten. Ich möchte dennoch auf diese Studie eingehen, um Missverständnissen vorzubeugen. Unabhängig davon ist es eine exzellent durchgeführte Studie mit großem Aufwand.

Für die Datenanalyse wurden die Inhalte von 5 schwedischen Registern zusammengeführt. Für diese Auswertung wurden 15.106 Frauen mit PCO-Syndrom und 73.786 Kontrollen, die zwischen 1987 und 1996 geboren wurden, eingeschlossen. Eine erste Einschränkung an dieser Stelle ist, dass die Identifizierung der Patientinnen von der kodierten ICD-10-Diagnose im Register für ein PCO-Syndrom (E28.2) oder (!) eine anovulatorische Subfertilität (N97.0) abhing. Die primäre Zielvariable war die „Zeit bis zur Lebendgeburt nach Spontankonzeption“, gerechnet als Zeit seit dem 18. Geburtstag. Ideal wäre natürlich die reale „time to pregnancy“ ab dem Moment, wenn eine Frau eine Schwangerschaft anstrebt – dies ist aus Registern verständlicherweise nicht möglich, schränkt aber von vorneherein die Aussagekraft der Daten deutlich ein. Die Zielvariable ergab für normalandrogenämische Frauen mit PCO-Syndrom 5,51 ± 2,35 Jahre gegenüber hyperandrogenämischen Frauen mit PCO-Syndrom mit 5,84 ± 2,34 Jahren und den Kontrollen mit 5,60 ± 2,37 Jahren. Dennoch war die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen dieses Ziels bei den normoandrogenämischen und hyperandrogenämischen PCO-Syndrom-Patientinnen um 11% bzw. 40% signifikant reduziert gegenüber den Kontrollen (fecundity ratio, FR 0,60, 95% KI 0,56 – 0,64). Zudem zeigte sich auch eine graduelle Abnahme der Fertilität bei schwerer Hyperandrogenämie (FR 0,58, 95% KI 0,51 – 0,66) und milder Hyperandrogenämie (FR 0,72, 95% KI 0,65 – 0,79).

Wurde nun eine antiandrogene Therapie erst nach der Adoleszenz gestartet, so lag die Fertilität geringer als bei denjenigen, die früher therapiert wurden (FR 0,78, 95% KI 0,67 – 0,90).

Die Autoren sehen in ihren Ergebnissen einen Hinweis darauf, dass eine frühe antiandrogene Therapie den „second hit“ verringert, der langfristig zu einer ausgeprägteren Entwicklung eines PCO-Syndroms führt. Wird dieser „second hit“ – nebem dem „first hit“, einer genetischen Veranlagung – reduziert, so bleibt die Fertilität besser erhalten.

Prinzipiell ist die Idee nicht uninteressant – sie erinnert zudem an die alte Idee, dass man mit einer antiandrogenen Therapie Frauen mit einem PCO-Syndrom vor einer späteren Subfertilität schützen könnte. Problematisch ist, dass dem Autorenteam viele Daten fehlen. So gibt es keine Information für andere fertilitätsmindernden Faktoren (BMI, Rauchen, z.B.), für die Dauer der antiandrogenen Therapie, wann diese also tatsächlich beendet wurde, und v.a., inwieweit dies das gewählte Kalkulationsmodell beeinflusst hat (ab 18. Geburtstag bis Spontankonzeption).

Grundsätzlich könnte es viel eher so sein, dass Frauen, die frühzeitig therapiert wurden auch solche waren, die früher wegen Symptomen eine ärztliche Betreuung gesucht hatten und ggf. früher auf ihre Erkrankung reagiert haben, gegen eine Gewichtszunahme gearbeitet haben und insofern deswegen später eine bessere Fertilität hatten. Dagegen sprechen allerdings andere Daten, dass Frauen, die die Diagnose „PCO-Syndrom“ bekommen, ihr Verhalten eher nicht ändern – andererseits setzen diese auch viel häufiger ein kombiniertes Kontrazeptivum wieder ab.

Ich denke, dass es viele Gründe gibt, Frauen mit einem PCO-Syndrom ein kombiniertes Kontrazeptivum zu empfehlen, wenn dies nicht kontraindiziert ist – so z.B. die Endometriumtransformation, die antiandrogene Therapie. Für die Optimierung der späteren Fertilität sehe ich dies auch aufgrund dieser Daten nicht. Sie sind interessant aber werfen viele neue Fragen auf, was auch die Autoren zu dem Schluss kommen lässt, dass prospektive, randomisierte Studien notwendig wären, um diese zu klären.

Ihr

Michael Ludwig