Ich lerne gerne dazu! Auf eine kürzlich an mich gestellte Frage, ob man medikamentös den Milchfluss relevant beeinflussen kann, wenn ohne vorangehende Schwangerschaft der Wunsch besteht, zu stillen, habe ich geantwortet, dass die Datenlage dürftig ist und der Versuch eher ein Experiment als eine Therapie. Da mir jetzt vom erfolgreichen Einsatz von Domperidon bei einer solchen Patientin berichtet wurde habe ich etwas recherchiert und muss mich korrigieren, wobei es in den jetzt zitierten Studien um eine insuffiziente Laktation geht – nicht um die Induktion einer Laktation ohne vorangehende Schwangerschaft. Ersteres aber scheint ganz gut zu funktionieren.
Insbesondere zwei kürzlich erschiene Review dazu möchte ich zitieren.
Im ersten wurden Domperidon (4 Studien), Metoclopramid (6 Studien) sowie pflanzliche Wirkstoffe (Trigonella foenumgraecum, Bochshornklee, Asparagus racemosus, Shatavari, eine indische Spargelart, Silybum marianum, Mariendistel, Allium sativum, Knoblauch, und Moringa oleifera, Moringa, eine in Indien wachsende Pflanze) untersucht (Alessandra N. Bazzano et al. A Review of Herbal and Pharmaceutical Galactagogues for Breast-Feeding. Ochsner Journal 2016: 16; 511 – 524). Alle Studien mit Domperidon zeigten einen signfikanten Vorteil für die Wirksubstanz bei der Gabe von 3×10 mg täglich (3 Studien) bzw. 4×10 mg täglich (1 Studie), für Metoclopramid traf der Vorteil nur für eine der 6 Studien zu. Für die pflanzlichen Wirkstoffe waren die Ergebnisse extrem unterschiedlich und so nicht einheitlich bewertbar.
Auch der zweite Review, weniger systematisch aufgebaut als der erstzitierte, kommt zu einem ähnlichen Resultat (Luke E. Grzeskowiak et al. What Evidence Do We Have for Pharmaceutical Galactagogues in the Treatment of Lactation Insuciency?—A Narrative Review. Nutrients 2019; 11: 974 – 994). Zum positiven Effekt von Domperidon wird darin in 10 Studien Bezug genommen. Diskutiert wird in diesem Manuskript auch, inwieweit sich die Milchqualität durch eine so stimulierte Laktation von der spontanen Milchbildung unterscheidet. Die Datenlage ist gering, 2 Studien werden zitiert, die durchaus Unterschiede sehen. Inwieweit aber ein solches Stillen immer noch besser ist, als nicht zu stillen, bleibt natürlich offen.
Was bleibt: Wenn man die Laktation unterstützen möchte ist eine Dosierung von Domperidon, einem Dopaminantagonisten, mit 3×10 mg möglich – allerdings off label und unter Berücksichtigung des Nebenwirkungsprofils. Daran ist v.a. bemerkenswert, dass ein erhöhtes Risiko ventrikulkärer Arrhythmien und eines plötzlichen Herztods bei 4 pro 1.000 Personen-Jahren berichtet wird – allerdings bei nicht-stillenden Frauen und bei Männern. Ursache ist eine durch Domperidon induzierte Verlängerung des QT-Intervals. Inwieweit das für die jüngere Gruppe von Frauen, die stillen, relevant ist, ist fraglich. Möglicheweise gilt das Risiko vor allem bei höherem Alter (> 60 Jahren) und einer höheren Dosierung (> 30 mg täglich).
Ihr
Michael Ludwig
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