In einer tierexperimentellen Arbeit wurde das Mausmodell „KissCRE+/hM4Di“ verwendet, das speziell für die selektive Hemmung von Kisspeptin-Neuronen entwickelt wurde. (Eulalia A. Coutinho et al. Targeted inhibition of kisspeptin neurons reverses hyperandrogenemia and abnormal hyperactive LH secretion in a preclinical mouse model of polycystic ovary syndrome. Human Reproduction 2024; im Druck: https://doi.org/10.1093/humrep/deae153)
Dieses Modell wurde gewählt, weil es ermöglicht, die Aktivität der Kisspeptin-Neuronen gezielt zu unterdrücken, indem die Mäuse mit Clozapin-N-Oxid (CNO) behandelt werden, was über die DREADD-Technologie (Designer Receptors Exclusively Activated by Designer Drugs) erreicht wird. Die KissCRE+ Mäuse exprimieren das inhibitorische DREADD (hM4Di) ausschließlich in Kisspeptin-Zellen, sodass CNO diese Neuronen selektiv hemmt. CNO ist eine pharmakologisch inerte Substanz.
Um das PCO-Modell in den Mäusen zu simulieren wurde Letrozol eingesetzt. Der Aromatasehemmer führt zu erhöhten Testosteronspiegeln und simuliert andere PCO-Syndrom-typische Merkmale wie eine Verschiebung des Östradiol:Testosteron-Gleichgewichts in der Follikelflüssigkeit, die für PCO-Syndrom-Patientinnen typisch niedrige Aromataseaktivität in den Ovarien und anderen Geweben sowie den für adipöse PCO-Syndrom typischen eher niedrigeren Östradiolspiegeln.
Die Überlegungen zu diesem Tiermodell und sein spezifisches Design sind hochgradig bewundernswert!
Clozapin-N-Oxid (CNO) wurde verwendet, um die Kisspeptin-Neuronen chemogenetisch zu hemmen. Diese Hemmung führte zu einer Normalisierung der abnorm erhöhten LH-Pulsspiegel und Testosteronwerte in den PCO-Syndrom-ähnlichen Mäusen. Zudem wurde die Gewichtszunahme in diesem Tiermodell ausgebremst.
Die Autor:innen können so zeigen, dass offenbar der übergeordnete GnRH-Pulsgenerator über das Kisspeptin relevant für die hohen LH-Pulse bei diesen Patientinnen verantwortlich ist. Die Autor:innen können so ein weiteres Element funktionell bei dieser Patientinnengruppe entschlüsseln.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Überlegung zur Gabe von NK3-Rezeptor-Antagonisten, aktuell zugelassen zur Therapie vasomotorischer Beschwerden, die die Kisspeptinsekretion ebenfalls hemmen sollten. Bzgl. der Gewichtsentwicklung könnte dies ein therapeutischer Ansatz der Zukunft werden.
Wie schon geschrieben: Die Überlegungen zu diesem Studienansatz haben meinen allerhöchsten Respekt! Das muss man erst einmal können!
Ihr
Michael Ludwig
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