Im New England Journal of Medicine wird eine Falldiskussion bzgl. einer Patientin mit menstruations-abhängiger Migräne mit Aura publiziert. (Clement D. Lee, Rossella E. Nappi und Carrie Cwiak. Oral Contraceptives for Menstrual Migraine with Aura. New England Journal of Medicine 2023; 389: 2102 – 2104)

Geschildert wird der Fall einer 30jährigen Patientin mit menstruations-abhängiger Migräne mit Aura mit 10-12 Anfällen pro Jahr. Sie erhält bereits zur Anfallsprophylaxe Topiramat und Propranolol und zur Reduktion der Anfälle Sumatriptan. Die Patientin raucht nicht und hat keine anamnestische Belastung für kardiovasukläre Erkrankungen in der Eigen- und Familienanamnese.

Ausgeführt wird die Diskussion pro ein kombiniertes Kontrazeptivum im (flexiblen) Langzyklus, um die menstruations-abhängige Migräne zu therapieren. Dabei argumentiert die Autorin, dass bei fehlenden Kontraindikationen die Internationale und Amerikanische Kopfschmerzgesellschaft keine Kontraindikation für kombinierte Kontrazeptiva bei einer Migräne mit Aura beschreiben. Desweiteren kommt sie zu dem Schluss, dass durch die Suppression der hormonellen Schwankungen im Zyklus die Migräne und eben auch das Risiko eines Schlaganfalls reduziert werden würden.

Dem entgegen steht die Kontra-Meinung, in der eine Autorin ein Gestagen-Mono-Präparat favorisiert, da auch damit bereits eine Ovulationshemmung erreicht wird und das potentielle Risiko eines kombinierten Kontrazeptivums umgangen wird.

Der Fallbericht ist – wie nicht anders in dieser Zeitschrift zu erwarten – exzellent geschrieben und beide Positionen sind überzeugend vorgetragen.

Meiner Meinung nach ist der initiale Versuch mit einem Gestagen-Mono-Präparat gerechtfertigt, ggf. reicht dies bereits aus, um die Migräne mit Aura zu behandeln. Ich würde dann wegen der höheren Gestagendosis eher die Slinda als ein 75 µg Desogestrel-Präparat wählen und die 4 wirkstofffreien Tabletten weglassen. Nachvollziehbar ist aber auch die Argumentation in der Pro-Seite, da mit einem kombinierten Kontrazeptivum der Pathomechanismus, der zur Migräne mit Aura führt und vermutlich auch das Schlaganfallrisiko steigert, umgangen wird. Dies wäre also im zweiten Schritt ein nachvollziehbarer Vorschlag, wobei die Patientin aufgeklärt sein muss über das potentielle Risiko und dazu, dass dieses Vorgehen gemäß der aktuellen AWMF-Leitlinie kontraindiziert ist.

Ihr

Michael Ludwig