Eine weitere Untersuchung hat sich der Frage gewidmet, wie das Langzeit-Malignom-Risiko bei Anwenderinnen hormoneller Kontrazeptiva einzuschätzen ist. Berücksichtigt wurden Mammakarzinome, Ovarial- und Endometriumkarzinome. Der Gesamt-Effekt, so die Autoren, ist positiv im Sinne einer Risikoreduktion insgesamt, da bzgl. Ovarial- und Endometriumkarzinomen eine langfristige Risikoreduktion besteht und bzgl. Mammakarzinomen das Risiko zwar steigt, dieser Anstieg aber nur kurzfristig nach dem Absetzen zu beobachten ist (Torgny Karlsson et al. Time-Dependent Effects of Oral Contraceptive Use on Breast, Ovarian, and Endometrial Cancers. Cancer Research 2021; 81: 1153 – 1162).

Die Daten dieser Studie stamen aus der UK Biobank, die retro- und prospektiv Daten sammelt. Unter anderem sind dort 273.404 Frauen erfasst, die zwischen 1939 und 1970 geboren wurden. Ausgewertet wurden 210.443 Frauen, die jemals ein orales Kontrazeptivum angewendet hatten, und 46.218 Frauen, die nie ein solches Präparat angewendet hatten (Kontrollgruppe).

In der Auswertung zeigt sich ein signifikant niedrigeres Risiko für Ovarial- und Endometriumkarzinome bei Anwenderinnen oraler Kontrazeptiva (OR 0,72, 95% KI 0,65 – 0,81 bzw. OR 0,68, 95% KI 0,62 – 0,75). Bzgl. Mammakarzinomen zeigte sich in der Gesamtanalyse zunächst kein Einfluss (OR 1,02, 95% KI 0,98 – 1,06). Betrachtete man aber das Risiko abhängig vom Alter zum Zeitpunkt des follow-ups so ergab sich mit jüngerem Alter auch ein höheres Risiko (35 Jahre: OR 1,53, 95% KI 1,05 – 2,23, 50 Jahre: OR 1,09, 1,01 – 1,19, 60 Jahre: 1,06, 95% KI 1,01 – 1,12, 70 Jahre: 1,04, 95% KI 1,04, 95% KI 1,00 – 1,09). Mit dem Absetzen der Kontrazeptiva bestand die Risikoreduktion für Ovarial- und Endometriumkarzinome für über 30 Jahre fort, das erhöhte Risiko für Mammakarzinome, das kurz nach dem Absetzen mit einer HR 1,55 (95% KI 1,06 – 2,28) errechnet wurde, war 5 Jahre nach Absetzen nicht mehr vorhanden.

Die Dauer der Anwendung führte zu einer zunehmenden Risikoreduktion von Ovarial- und Endometriumkarzinomen aber hatte auf die Mammakarzinome keinen Einfluss.

In jedem Fall sind die Daten hilfreich für die Beratung – sie bestätigen das auch in anderen Studien gefundene erhöhte Mammakarzinom-Risiko, relativieren es allerdings im Gesamtbild bzgl des Gesamtrisikos sowie bzgl. der Tatsache, dass das Risiko vergleichsweise befristet auftritt.

Ihr

Michael Ludwig