Erhöhen kombinierte Kontrazeptiva das Risiko eines Rezidivs bei einer Mammakarzinompatientin? Bisher ist davon auszugehen, für die HRT gibt es zumindest klare Belege, dass v.a. bei einer kombinierten HRT und abhängig von der Gestagendosis (unabhängig vom verwendeten Gestagen) das Rezidivrisiko steigt. Wissen tun wir es auch für den Wirkstoff Tibolon – eine entsprechende prospektive, randomisierte Studie bei Mammakarzinompatientinnen wurde vorzeitig wegen des erhöhten Rezidivaufkommens abgebrochen.

Eine retrospektive Datenanalyse kommt nun zu dem Schluss, dass das Rezidivrisiko nicht erhöht ist, wenn hormonelle Kontrazeptiva zur Anwendung kommen (Molly K. Ostroot et al. Breast cancer recurrence risk after hormonal contraceptive use in survivors of reproductive age. European Journal of Obstetrics & Gynecology and Reproductive Biology 2021; 258: 174 – 178). Die Daten stammen aus einem lokalen Krebsregister in Wisconsin/ USA mit über 200 Krankenhäusern. Eingeschlossen waren Frauen zwischen 18 und 51 Jahren, ausgeschlossen wurden Frauen mit Stadium IV Mammakarzinom oder solche, die nie ein krankheitsfreies Stadium erreichten sowie Frauen mit Hysterektomie oder Sterilisation. 1.370 Frauen konnten insofern ausgewertet werden von denen 97 (7,08%) ein hormonelles Kontrazeptivum erhielten.

Angewendet wurden kombinierte Kontrazeptiva (59%), LNG IUDs (20%), Ringe (9%), Pflaster (8%), Etonogestrel-Implantate oder Depot-MPA (jeweils 2%).

Die Anwendung hormoneller Kontrazeptiva führte nicht zu einem erhöhten Rezidivrisiko (HR 1,17, 95% KI 0,50 – 2,72) während das Stadium des Mammakarzinoms und der Hormonrezeptorstatus einen signifikanten Einfluss hatten. Ebensowenig war die Mortalitätsrate (auch unabhängig vom Mammakarzinom) zwischen Anwenderinnen und Nicht-Anwenderinnen (3,09% vs. 3,93%, p = 0,97). Das follow up war bei den Anwenderinnen hormoneller Kontrazeptiva kürzer (1051,47 Tage vs. 1.679,79 Tage, 2,8 vs. 4,6 Jahre, p < 0,01).

Grundsätzlich freut man sich über eine solche Studie und das publizierte Ergebnis. Allerdings ist insofern Vorsicht geboten, als es sich um eine retrospektive Datenanalyse handelt und keine Angaben darüber vorliegen, ob die Patientinnen, die hormonelle Kontrazeptiva anwenden sollten, also eine Verschreibung hatten, dies auch tatsächlich getan haben. Zudem ist zwar die Nachverfolgungsdauer nicht kurz, aber signifikant kürzer bei den Frauen unter hormonellen Kontrazeptiva und mit 2,8 bzw. 4,6 Jahren bzgl. des Rezidivrisikos noch immer überschaubar gering.

Aufgrund dieser Studiendaten kann man nicht die Empfehlung ändern und eher leichtfertiger mit der Verschreibung hormoneller Kontrazeptiva bei Frauen mit Mammakarzinom umgehen als bisher.

Ihr

Michael Ludwig