Patientinnen mit einer Anorexia nervosa und konsekutiver zentraler Regulationsstörung infolge des niedrigen Körpergewichts stellen uns in der Praxis immer wieder vor eine endokrinologische Herausforderung. Ich habe schon häufiger an dieser Stelle Meinungen und Publikationen berichtet.

Aktuell ist in meinen Augen die beste verfügbare Therapie ein kombiniertes östradiol-haltiges Kontrazeptivum, um den langfristigen Folgen des Östrogenmangels so gut wie möglich entgegen zu wirken. Tatsächlich kam eine kürzlich publizierte retrospektive Studie auch zu dem Schluss, dass ethinylöstradiol-haltige Präparate die Knochengesundheit zumindest verbessern – wenn sie auch nicht so gut wird, wie bei einer Patienitn ohne Anorexie.

Nun werden Daten zur transdermalen Testosterontherapie publiziert, da aus andere Studien vermutet wird, dass dies einen positiven Einfluss auf die begleitenden depressiven Symptome haben soll (Allison Kimball et al. A Randomized Placebo-Controlled Trial of Low-Dose Testosterone Therapy in Women With Anorexia Nervosa. Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism 104: 4347-4355). In dieser prospektiven, randomisierten, doppelt-blinden Studie wurde eine tägliche transdermale Applikation von 300 µg Testosteron (n = 43) zu einem Placebo (n = 47) für 24 Wochen verglichen. Die Gesamzeit beendeten 32 bzw. 35 Studienteilnehmerinnen. Einschlusskriterium war neben einer bestehenden Anorexia nervosa ein Testosteronspiegel unter dem altersentsprechenden Median. Das mittlere Alter lag bei 28 Jahren, der mittlere BMI bei 18,3 kg/m2, die Dauer der Anorexia nervosa bei etwa 12 Jahren. Endpunkte der Studie waren eine Verbesserung der Grunderkrankung sowie ein Einfluss auf eine Depressionsskala und eine Skala zur Beurteilung von Angststörungen.

Am Ende der 24 Wochen zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Als Nebenergebnis ließ sich festhalten, dass die Patientinnen in der Testosteron-Gruppe andererseits auch kenie systemischen androgenisierenden Nebenwirkungen zeigten.

Im Fazit ist eine Testosterontherapie bei Frauen mit Anorexia nervosa und niedrigen Testosteronspiegeln nicht indiziert.

Ihr

Michael Ludwig