Mammakarzinom und hormonelle Kontrazeption ist ein Dauerbrenner. Vor 2 Wochen etwa ist nun im New England Journal of Medicine eine neue große epidemiologische Studie aus Dänemark publiziert worden (Lina S. Morch et al. Contemporary Hormonal Contraception and the Risk of Breast Cancer. New England Journal of Medicine 2017; 377: 2228 – 2239). Diese Studie berichtet über ein insgesamt etwa 1,20fach erhöhtes Risiko bei Anwendung hormoneller Kontrazeptiva für das Auftreten eines Mammakarzinoms gegenüber Nicht-Anwenderinnen.

Diese Studie ist nicht die erste, die dies berichtet – insofern ist die Information nicht überraschend. Die letzten Jahre hatten allerdings eher Studien gebracht, die darauf hindeuteten, dass es eher die „alten“ hochdosierten Präparate waren, die das Risiko triggerten. Dies scheint nun doch nicht so zu sein: Unabhängig von der Ethinylöstradiol-Dosis (20 – 40 µg oder 50 µg) und unabhängig vom Östrogen (Ethinylöstradiol oder Östradiol) war das Risiko erhöht. Zwischen den verschiedenen Gestagenen gab es marginale aber klinisch nicht-relevante Unterschiede.

Das absolute Risiko ist gering, über alle Patientinnen hinweg – ausgewertet wurden Frauen zwischen 15 und 49 Jahren mit einem Follow-up von im Mittel knapp 11 Jahren – betrug es 1 zusätzliches Mammakarzinom auf 7.690 Frauen, die über 1 Jahr hormonelle Kontrazeptiva anwendeten bzw. 13 zusätzliche Fälle auf 100.000 Frauenjahre. Betrachtete man nur die unter 35jährigen Anwenderinnen waren es 2 zusätzliche Fälle auf 100.000 Frauenjahre bzw. 1 zusätzliches Mammakarziom auf 50.000 Frauen, die über 1 Jahr hormonelle Kontrazeptiva anwendeten.

Was ist mit der Mirena? Auch diese wurde ausgewertet und zeigte ein relatives Risiko von 1,21 (95% KI 1,11 – 1,33). Im Gegensatz zu den kombinierten Präparaten zeigte die Mirena aber keine Abhängigkeit von der Anwendungsdauer (< 1 Jahr, 1 – 5 Jahre, 5 – 10 Jahre, > 10 Jahre) – ansonsten stieg das Risiko über die Zeit an. Meiner Einschätzung nach deutet dies, wie schon einmal von mir diskutiert, darauf hin, dass man bei Mirena-Anwenderinnen einen Bias beobachtet: Es ist nicht die Mirena, die das Mammakarzinom-Risiko beeinflusst sondern die spezielle Gruppe von Patientinnen mit häufigeren Zyklusstörungen, mehr Östrogendominanz etc.

Zusammengefasst müssen wir – leider – weiterhin davon ausgehen, dass das Risiko für ein Mammakarzinom unter hormonellen Kontrazeptiva höher ist als bei Nicht-Anwenderinnen. Das Risiko ist vergleichbar zum Risiko einer Hormontherapie in der Peri- oder Postmenopause. Es handelt sich nicht, wie ich aufgrund der letzten Studien zu dem Thema eingeschätzt hätte, um ein Problem älterer und höherdosierter Präparate. Das absolute Risiko allerdings ist gering.

Ihr

Michael Ludwig