Eine lesenwerte Zusammenfassung und Meta-Analyse zum Thema 21-Hydroxylase-Mangel, late onset oder nicht-klassisches AGS, erscheint demnächst in der Zeitschrift Human Reproduction Update (Enrico Carmina et al. Non-classic congenital adrenal hyperplasia due to 21-hydroxylase deficiency revisited: an update with a special focus on adolescent and adult women. Human Reproduction Update, im Druck).

Die Prävalenz bei Frauen mit Androgenisierungszeichen liegt bei 4,2% im weltweiten Durchschnitt. Abhängig von der Ethnizität schwankt dies zwischen 1-2% (Nordamerika), 3-6% (Spanien, Frankreich, Italien, Kanada) und 5-10% (Mittlerer Osten, Asien). In aller Regel der Fälle geht es um einen 21-Hydroxylase-Defekt, die Veränderungen anderer Enzyme – 3-b-Hydroxysteroid-Dehydrogenase und 11-Hydroxylase – sind Raritäten.

Etwa 200 Mutationen sind auf dem 21-Hydroxylase-Gen bekannt, 10 davon sind für die meisten Veränderungen verantwortlich.

Eine homozygote oder compound-heterozygote (unterschiedliche Mutationen auf den beiden Allelen) Veränderung kann man erwarten, wenn 17 OH Progesteron im ACTH-Test auf über 15 ng/ml (45 nmol/l) steigt.

Die Klinik wird geprägt von Androgenisierungserscheinungen, Hirsutismus in 60-80%, Akne in etwa 1/3 und Alopezie in 2-8% der Fälle. Eine Klitoromegalie wird in 6-20% gefunden. Über alle Mutationen hinweg sieht man Zyklusstörungen bei 50% der Patientinnen, eine polyzystische Morphologie der Ovarien bei 20 – 80% – je nach Studie. Dies unterstreicht noch einmal, dass bei dem Verdacht auf ein PCO-Syndrom vor der Diagnosestellung „PCO-Syndrom“ u.a. auch ein adrenaler Enzymdefekt ausgeschlossen werden muss, wenn nicht nur eine ovarielle sondern auch eine adrenale Komponente der Hyperandrogenämie zu sehen ist.

Für die dann folgende Diagnostik – bei adrenaler Hyperandrogenämie – gilt ein 17 OH Progesteron-Spiegel von 2 ng/ml oder mehr als Indikation für einen ACTH-Test. Dies bestätigt diese Publikation noch einmal. Liegt der 17 OH Progesteron Spiegel bei über 10 ng/ml kann man direkt eine molekulargenetische Untersuchung durchführen und den Schritt „ACTH-Test“ überspringen.

Zur Behandlung der Androgenisierung wird von den Autoren sehr deutlich bestätigt, dass Glukokortikoide anderen Methoden – wie kombinierten Kontrazeptiva mit antiandrogen wirksamem Gestagen – unterlegen sind, auch was das Nutzen-Risiko-Profil angeht.

Bzgl. des Managements einer Kinderwunschpatientin mit molekulargenetischen Auffälligkeiten bei ihr und ihrem Partner sollte man auf eine ausgewiesene humangenetischer Expertise auf diesem Gebiet zurückgreifen und ein klares Statement einholen, inwieweit im individuellen Fall mit einem klassischen AGS bei einem Mädchen gerechnet werden muss.

Ihr

Michael Ludwig