Wie beeinflussen verschiedene Formen der menopausalen Hormontherapie das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen im Alter von 50 bis 58 Jahre? Das war die Fragestellung einer schwedischen Registerstudie bei Frauen, die mindestens 2 Jahre keine menopausale Hormontherapie angewendet hatten und dann zwischen 2007 und 2020 eine solche neu starteten. (Johansson et al. Contemporary menopausal hormone therapy and risk of cardiovascular disease: Swedish nationwide register based emulated target trial. British Medical Journal 2024; 387: e078784. DOI: 10.1136/bmj-2023-078784)
Verglichen wurden 7 Formen der Therapie gegenüber keiner Therapie. Dazu wurden 138 nested trials „initiiert“ – es wurde also jeden Monat zwischen Januar 2007 und Dezember 2018 die Frage geprüft, welche Frauen 2 Jahre keine Therapie angewendet hatten und dann starteten. Man versucht mit einem solchen relativ modernen Studiendesign einer randomisierten Studie möglichst nahe zu kommen.
Untersucht wurden vier verschiedene Schemata mit oralem Östrogen, 2 transdermale Schemata und Tibolon. Geprüft wurden arterielle Ereignisse und venöse Thromboembolien. An bekannten Risiken wurden das fehlende Thromboserisiko für Tibolon und transdermales Östradiol als Monotherapie bestätigt. Bestätigt wurde auch ein etwa 2-fach erhöhtes Thromboserisiko bei Anwendung oralen Östradiols egal in welcher Form bzw. Kombination.
Bermerkenswert sind ein knapp 2-fach erhöhtes Risiko von Tibolon für Herzinfarkte (HR 1,94, 95 % KI 1,01 – 3,73) und Schlaganfälle (HR 1,97, 95 % KI 1,01, 3,73) sowie ein 1,67-fach erhöhtes Thrombose-Risiko, wenn transdermales Östradiol mit einem Gestagen kombiniert worden war (HR 1,67, 95 % KI 1,16 – 2,41).
Das beschriebene arterielle Risiko für Tibolon können die Autor:innen genauso wenig erklären wie das für eine kombinierte Therapie mit transdermalem Östradiol. Beides könnte an Einflussfaktoren liegen, für die nicht adjustiert wurde bzw. werden konnte, die das Hintergrundrisiko signifikant beeinflusst hatten. Das konnten Rauchen oder der BMI sein. Ein hoher BMI wäre ggf. wegen damit assoziierter Blutungsstörungen ein Grund für höher dosierte synthetische Gestagene wie NETA, das tatsächlich auch das Thromboserisiko per se beeinflusst. Möglicherweise wurde Tibolon aufgrund seiner bereits bekannten fehlenden Wirkung auf das Thromboserisiko ebenfalls bevorzugt bei einem Risikokollektiv angewendet.
Ich finde es bedauerlich, dass die Autor:innen nicht selbstkritischer mit dem Ergebnis ihrer Datenauswertung umgehen und so selbst die gefundenen Risiken teils relativieren. Diese Daten wären eine 180 Grad – Wende, was die Einschätzung des Thromboserisikos unter einer kombinierten Therapie mit transdermalem Östradiol angeht. Da alle anderen Daten bislang dagegen sprechen, bleibt nichts, als sich diese Ergebnisse zu merken und weiter abzuwarten, inwieweit sich diese irgendwann mit einer validen Datenbasis und plausiblen biologischen Erklärung verifizieren lassen.
Ihr
Michael Ludwig
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