In den ersten 14 bis 18 Schwangerschaftswochen ist der Fetus vollständig auf die maternale Schilddrüsenhormonproduktion angewiesen. Eine manifeste Hypothyreose, das ist unbestritten, hat negative Auswirkungen auf die kindliche mentale Entwicklung. Frühere Studien suggerierten zudem Zusammenhänge zwischen gestörter mütterlicher Schilddrüsenfunktion und kindlichen Entwicklungsparametern wie Intelligenz, Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) oder ADHS. Dies wurde von einer dänischen Registerstudie aufgegriffen und untersucht. (Line Tang Møllehave et al. Maternal Thyroid Function in Early Pregnancy and Offspring School Performance and Neurodevelopmental Disorders. Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism 2025; 110: e1000-e1008).
Die Analyse von 17.909 Mutter-Kind-Daten aus der Copenhagen Primary Care Laboratory Pregnancy Database ergab keinen Zusammenhang zwischen TSH- oder fT4-Werten im ersten Trimester und schulischen Leistungen oder Diagnosen von ADHS und ASD bei den Kindern.
TSH wurde dazu in prinzipiell 3 Gruppen eingeteilt (niedrig < 0,1 mIE/l, normal 0,1 – 2,5 mIE/l und hoch ≥ 2,5 mIE/l). Ebenso wurde das fT4 kategorisiert (niedrig < 12,0 pmol/l, normal 12,0 – 18,9 pmol/l und hoch ≥ 19,0 pmol/l). Darüber hinaus wurden auch Werte außerhalb des laborspezifischen Referenzbereichs abgebildet wie ein TSH < 0,2 und > 5,0 mIE/l. Ein TSH von 5,0 – 9,99 mIE/l wurde in 201 Fällen, eines von ≥ 10 mIE/l in Fällen gemessen.
Bestandteil der Analysen. fT4 wurde ausschließlich bei auffälligem TSH oder bei klinischem Verdacht bestimmt – auch hier also eine Selektion auf auffällige Fälle.
Schulische Leistungen (standardisierte Sprach- und Mathematiktests im Alter von 8–12 Jahren) wurden bei 6.126 Kindern analysiert. Weder niedrige noch hohe TSH- oder fT4-Werte zeigten einen Einfluss auf die Testergebnisse. Ebenso fand sich kein Zusammenhang mit ADHS oder ASD mit den verschiedenen Kategorien der TSH- und fT4-Werte.
Die Studie ist methodisch überzeugend: Die Messung erfolgte ausschließlich im ersten Trimester – also in jenem Zeitfenster, in dem die mütterliche Schilddrüsenfunktion für das fetale Gehirn entscheidend ist. Vermeidung von Selektions- und Recall-Bias, flächendeckende Registerdaten und qualitätskontrollierte Labormethoden erhöhen die Validität der Ergebnisse.
Die Studienautoren folgern zurecht, dass es weiterhin keine Indikation zu einem Screening auf die Schilddrüsenfunktion bei schilddrüsengesunden Frauen gibt.
Bzgl. des fehlenden Zusammenhangs zwischen den hohen fT4-Werten und ADHS sowie ASD muss man berücksichtigen, dass dies auf 9 bzw. 10 Fällen beruht und die HR mit 1,18 (95 % KI 0,53 – 2,66) bzw. 1,12 (95 % KI 0,55 – 2,99) zwar nicht signifikant war aber mit dem oberen Konfidenzintervall ein anderes Ergebnis bei größeren Zahlen nicht ausschließt. Ich möchte die Ergebnisse nicht mit meiner Meinung verzerren. Ich finde sie eher beruhigend für Frauen, die gescreent werden und ein auffällig hohes TSH zeigen, das dann supplementiert wird: Man kann diesen Betroffenen die Sorge vor einer Schädigung des Kindes bei entsprechend zeitiger Intervention eher nehmen.
Ihr
Michael Ludwig
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