Eine interessante Publikation beschäftigt sich mit der Auswirkung einer Progesteronsekretion in der frühen Follikelphase auf die Dynamik in einem individuellen Zyklus. (René Ecochard et al. Early menstrual cycle impacts of oestrogen and progesterone on the timing of the fertile window. Human Reproduction 2024; im Druck: https://doi.org/10.1093/humrep/deae236)

Verwendet werden für diese Auswertung Daten der Quidel Datenbank von Menstruationszyklen aus den 1990er Jahren. Eingeschlossen waren für diese Publikation 220 Zyklen von 88 Frauen.

Unterschieden werden beim Ablauf des Zyklus die Latenzphase – quasi der erste Teil der Follikelphase -, das fertile Fenster und die Lutealphase.

Die Latenzphase beginnt mit dem ersten Tag der Menstruation und dauert bis zum Einsetzen des fertilen Fensters. In dieser Phase findet keine Zervixschleimproduktion statt oder nur sehr wenig, was bedeutet, dass das fertile Fenster noch nicht begonnen hat. Zwei Prozesse laufen parallel ab: Das Wachstum der antralen Follikel, wobei einer selektiert wird, um der dominante Follikel zu werden, der zunehmend Östrogen durch Aktivität der Aromatase produziert. Zudem wird die Luteolyse des Corpus luteum aus dem vorherigen Zyklus komplettiert, was zur Bildung des Corpus alibcans und zum Absinken der Progesteronwerte führt. In dieser Phase sind die Östrogenspiegel niedrig, während geringe Mengen an Progesteron aus dem regressierenden Corpus luteum noch vorhanden sein können, was den Beginn der Zervixschleimproduktion und damit den Eintritt in das fertile Fenster verzögert.

Das fertile Fenster beginnt mit dem Auftreten von Zervixschleim und endet nach der Ovulation. Diese Phase dauert etwa 5-7 Tage und wird durch eine hohe Östrogenkonzentration begleitet, die den Schleim für Spermien durchlässig macht, was das Überleben und die Bewegung der Spermien erleichtert.

Die Lutealphase beginnt nach der Ovulation und dauert bis zum Beginn der nächsten Menstruation.

Kernaussage der Studie ist, dass Progesteron in der Follikelphase, genauer gesagt in der Latenzphase, noch nachweisbar ist und konsekutiv abgebaut wird und fällt. Je höher der Progesteronwert ist, desto länger ist die Latenzphase bzw. desto später tritt das fertile Fenster auf. Auch die Höhe des LH-Tonus perimenstruell spielt eine Rolle: Je höher das LH, desto länger die Latenzphase. Progesteron also hemmt die Entwicklung der „fertilen“ Zervikalschleims.

Die Studie ist vor allem interessant wegen der physiologischen Verknüpfungen, die herausgearbeitet werden. Ein direkter praktischer Nutzen lässt sich nicht ableiten. Möglicherweise kann man aber zukünftig basierend auf diesen Daten die Fertilität in einem Zyklus besser prognostizierend.

Ich jedenfalls finde die Ergebnisse spannend zu lesen!

Ihr

Michael Ludwig