Eine Publikation beschäftigt sich mit der Problematik der postoperativen Rezidive von Ovarialendometriomen und der sogenannten „Hormonphobie“, die viele Patientinnen nach einer chirurgischen Behandlung entwickeln. (Paolo Vercellini et al. Postoperative recurrence of ovarian endometrioma and hormone phobia: can physicians successfully overcome patient ‚pill fatigue‘? Fertility & Sterility 2024; im Druck: doi.org/10.1016/j.fertnstert.2024.09.050)
Diese Hormonphobie, oft verbunden mit der Ablehnung von oraler hormoneller Langzeitbehandlung, wird als zentrales Hindernis für eine effektive Prävention von Rezidiven identifiziert.
Die drei Autor:innen zitieren eine Übersichtsarbeit, demnach liegt das Rezidivrisiko bei 4 %, 11 %, 17 % und 27 % – entsprechend 3, 6, 12 und 24 Monate nach einer Operation. (V.B. Veth et al. Recurrence after surgery for endometrioma: a systematic review and meta-analyses. Fertility & Sterility 2024; im Druck: doi: 10.1016/j.fertnstert.2024.07.033)
Ein Rezidiv eines Endometrioms führt nicht nur zu erneut auftretenden Zysten, sondern geht oft mit dem Wiederauftreten von Schmerzen einher, was den therapeutischen Nutzen der Erstoperation einschränkt. Die Schädigung der Ovarialreserve kann selbst ohne erneute Operation erheblich sein. Sollten wiederholte chirurgische Eingriffe nötig werden, könnten die betroffenen Ovarien stark geschädigt werden, was die Chancen auf eine zukünftige Schwangerschaft bzw. den Erfolg einer IVF stark beeinträchtigt.
Studien zeigen, dass hormonelle Behandlungen wie kombinierte Kontrazeptiva oder Gestagene die Rezidivrate signifikant reduzieren können. So reduziert die Anwendung von 2 mg Dienogest die mittelfristige postoperative Rückfallrate von 23 % auf 3,5 %. (L. Muzii et al. The Efficacy of Dienogest in Reducing Disease and Pain Recurrence After Endometriosis Surgery: a Systematic Review and Meta-Analysis. Reproductive Science 2023;30:3135-3143) Auch das Risiko von Schmerzrezidiven wird durch hormonelle Nachbehandlungen signifikant gesenkt.
Ein wachsendes Problem ist die ablehnende Haltung junger Frauen gegenüber Hormonen, die durch Bedenken über Nebenwirkungen verstärkt wird. Diese Hormonphobie wird nachweislich oft durch Fehlinformationen in sozialen Medien befeuert. Die Angst vor „minder schweren“ Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Gewichtszunahme, Libidomangel und Stimmungsveränderungen steht dabei im Vordergrund, während ernstere, aber seltenere Nebenwirkungen wie Thrombosen oder Brustkrebs als weniger abschreckend empfunden werden. (A. Schneider-Kamp und J. Takhar. Interrogating the pill: Rising distrust and the reshaping of health risk perceptions in the social media age. Society of Science and Medicine 2023; 331: 116081)
Es sei schwierig, so die Autor:innen, gegen diese tief verwurzelte Aversion vorzugehen. Vorgeschlagen wird ein “tolerability-based stepwise approach“. Das soll heißen, dass die Betroffenen über die Vorteile der hormonellen Therapie aufgeklärt werden und eingeladen werden, eine hormonelle Therapie durchzuführen. Sie dürfen diese jedoch sofort absetzen, wenn Nebenwirkungen auftreten. Zudem könnte man auch kombinierte Präparate mit natürlichem Östrogen vorschlagen, auch davon versprechen sich die Autorin und die beiden Autoren mehr Akzeptanz.
Schwierig, schwierig … Ich halte die Ideen in diesem Artikel nicht für abwegig – andererseits sollten wir uns auch nicht zu jemandem degradieren lassen, die oder der Therapien verkaufen muss: Wir therapieren nicht für uns, sondern für die Patientin. Insofern sollten Patientinnen auch verstehen, dass wir ihnen nicht zwangsläufig etwas Böses wollen, sondern die oben genannten enormen Rezidivraten in ihrem Sinne reduzieren möchten.
Ihr
Michael Ludwig
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