Wie geht man mit dem Problem sexueller Funktionsstörungen in der Postmenopause um? In der Praxis wird häufig zu einer hormonellen Therapie gegriffen, u.a. auch deswegen, weil Ratsuchende genau danach fragen. Häufig sicherlich auch, weil allgemein von einem relevanten Einfluss der peri- und postmenopausalen Situation auf die sexuelle Funktion ausgegangen wird.
Ich will nicht in Abrede stellen – das sei vorausgeschickt –, dass v.a. die uro-genitale Atrophie ein relevanter Punkt sein kann und eine lokale Östrioltherapie häufig nicht bedacht und initiiert wird. Dazu habe ich schon häufiger in diesem Blog Stellung bezogen.
In aller Regel der Fälle aber gibt es andere Gründe, die Relevanz haben – wie in einem Beitrag im FRAUENARZT kürzlich exzellent in einem Fallbericht ausgeführt (Cornelia Friedrich. Ihr Fall – unser Lösungsvorschlag. Sexuelle Lustlosigkeit in der Perimenopause. FRAUENARZT 2024; 65: 501-502).
In einer Publikation wird über die Methode des „motivational interviewing“ als Methode zur Verbesserung der sexuellen Lebensqualität bei postmenopausalen Frauen mit sexuellen Funktionsstörungen berichtet. (Hülya Kamalak und Yeşim Aksoy Derya. The effects of motivational interviewing on sexual quality of life and sexual self-efficacy in postmenopausal women with sexual dysfunction. Menopause 2024; im Druck: DOI: 10.1097/GME.0000000000002418)
Die Studie wurde als randomisierte kontrollierte Studie mit insgesamt 164 postmenopausalen Frauen durchgeführt, die sich in einer gynäkologischen Ambulanz in Kahramanmaraş, Türkei, vorstellten. Die Teilnehmerinnen wurden in eine Versuchsgruppe (82 Frauen) und eine Kontrollgruppe (82 Frauen) aufgeteilt. Die Teilnehmerinnen waren gleich alt 50,56 ± 2,39 vs. 50,57 ± 2,67 Jahre, hatten einen ähnlich alten Partner, waren im Durchschnitt 29 Jahre verheiratet und hatten im Mittel 3,5 Kinder.
Die Versuchsgruppe nahm an vier Sitzungen mit motivierenden Interviews teil, die im wöchentlichen Abstand durchgeführt wurden. Die Kontrollgruppe erhielt keine Intervention. Die Sitzungen zielten darauf ab, das Bewusstsein der Frauen für die Faktoren, die zu sexuellen Funktionsstörungen führen, zu schärfen, Maßnahmen zur Veränderung einzuleiten und die Überzeugung zu stärken, dass eine Veränderung möglich ist. Die MI-Techniken umfassten interaktive Ansätze wie „Importance Ranking“, „Confidence-Efficacy Ranking“ und „Decisional Balance Sheets“. Beim „Importance Ranking“ werden die Teilnehmerinnen gebeten, verschiedene Aspekte ihres Lebens oder spezifische Ziele nach ihrer Wichtigkeit zu bewerten. Beispielsweise könnten sie gebeten werden, auf einer Skala von 1 bis 10 zu bewerten, wie wichtig es für sie ist, ihre sexuelle Lebensqualität zu verbessern. Bei der Technik „Confidence-Efficacy Ranking“ geht es darum, das Vertrauen der Person in ihre Fähigkeit zu ermitteln, eine Verhaltensänderung erfolgreich umzusetzen. Das „Decisional Balance Sheet“ wird verwendet, um die Vor- und Nachteile einer möglichen Verhaltensänderung zu analysieren. Die Frauen werden aufgefordert, die positiven und negativen Aspekte einer Änderung ihres Verhaltens zu bedenken und gegenüberzustellen.
In der Studiengruppe verringerte sich die Rate sexueller Funktionsstörungen signifikant von 100% auf 82,9%, während sie in der Kontrollgruppe quasi unverändert blieb (98,8%). Es zeigte sich zudem in der Studiengruppe eine signifikante Zunahme der sexuellen Lebensqualität und sexuellen Selbstwirksamkeit.
Was mir diese Daten zeigen ist, dass das Reden über die sexuelle Funktionsstörung, die von Patientinnen formuliert wird, eine hocheffektive Methode ist. „Reden“ wird uns in der Praxis nicht vergütet, 4 Gespräche im wöchentlichen Abstand mit durchschnittlich 20-30 Minuten Dauer schon gar nicht. Zwischen diesem in der Studie dargestellten Optimum und „nur“ eine HRT empfehlen, gibt es aber definitiv einen sinnvollen Mittelweg mit einem gezielten Gespräch, um den Patientinnen zu helfen.
Ihr
Michael Ludwig
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