Eine häufig gestellte Frage ist, ob man einen erhöhten Prolaktinwert v.a. in der Postmenopause belassen sollte, wenn keine Galaktorrhoe besteht und auch sonst keine Symptomatik, da die hauptsächlich störende Wirkung, nämlich das Auftreten von Zyklusstörungen, naturgemäß entfällt. Bereits vor einiger Zeit hatte ich auf die Assoziation erhöhter Prolaktinwerte mit dem Mammakarzinomrisiko hingewiesen, was bereits ein Grund für eine Prolaktinsenkung ist. (https://www.frauenarzt.de/index.php/heftarchiv/63-jahrgang-2022/frauenarzt-09-22/5365-prolaktin-und-mammakarzinom/file) Nun erscheint eine Meta-Analyse von 14 Studien mit 23.596 Individuen, die geprüt hat, inwieweit die Mortalität mit erhöhten Prolaktinwerten korreliert. (Andreas S. Papazoglou et al. Serum Prolactin Levels and Mortality in Adults Without Prolactinoma: A Meta-Analysis. Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism 2024; 109: e1652-e1664)
Die Ergebnisse der Auswertung zeigen für die Mortalität insgesamt ein signifikant höheres Risiko beim Vergleich der höchsten Prolaktinkategorie gegenüber der niedrigsten (aHR 1,81, 95% KI 1,43 – 2,30), speziell das kardiovaskuläre Risiko war beim Vergleich dieser beiden Kategorien ebenfalls signifikant höher (aHR 1,59, 95% KI 1,04 – 2,42).
Die Autor:innen liefern mehrere Erklärungen für den beobachteten Zusammenhang. Sie stellen fest, dass Prolaktin ein pleiotropes Protein ist, das in vielen biologischen Prozessen involviert ist und systemische Effekte hat. Höhere Prolaktinwerte gehen einher mit einer schlechteren Endothelfunktion, erhöhter Arteriensteifigkeit, Dyslipidämie, höherem Taillenumfang, BMI, niedriggradigen Entzündungen, Hyperkoagulabilität und erhöhter Karotis-Intima-Media-Dicke.
In vitro-Studien haben gezeigt, dass Prolaktin verschiedene Isoformen besitzt, die eine signifikante Rolle in der Gefäßneubildung, der Angiogenese und der Regulierung des Gefäßtonus spielen, was direkt an der Entstehung endothelialer Dysfunktion, Arteriensteifigkeit und Atherosklerose beteiligt sein kann. Diese Isoformen waren bereits in Zusammenhang mit dem Mammakarzinomrisiko relevant gewesen.
Schließlich wurde eine Funktion von Prolaktin bei der Bildung von Fettzellen und deren Differenzierung sowie bei der Freisetzung von Adipokinen gezeigt, was sich ebenfalls auf die Gesamtmortalität und kardiovaskuläre Mortalität auswirken kann.
Offensichtlich, wenn man die ausführlichen Überlegungen der Autor:innen liest, gibt es vielfältige Faktoren, die die Assoziation erklären können. In jedem Fall ein guter weiterer Grund dafür, Prolaktinwerte nicht einfach erhöht zu lassen, sondern sie zu senken.
Ihr
Michael Ludwig
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