Über das window of vulnerability bzgl der Entwicklung von Depressionen im perimenopausalen Übergang hatte ich im Blog bereits geschrieben. Ich bin nun über eine weitere Publikation dazu gestolpert, die bereits 2023 publiziert worden ist. (Dong Yun Lee et al. Impact of symptomatic menopausal transition on the occurrence of epression, anxiety, and sleep disorders: A real-world multi-site study. European Psychiatry 2023; 66: e80, 1-9)

Die Autor:innen aus Korea werten die Daten von 17.098 Frauen aus, Alter 45 – 64 Jahre. Die Frage der Untersuchung war, ob ein symptomatischer perimenopausaler Übergang das Risiko von Depressionen verstärkt. Die Antwort zeigt sich in einem erhöhten Risiko für Depressionen (HR 2,10, 95% KI 1,63 – 2,71), Angststörungen (HR 1,64, 95% KI 1,01 – 2,66) und Schlafstörungen (HR 1,47, 95% KI 1,16 – 1,88) bei Frauen mit perimenopausalen Symptomen. Bei Frauen, die eine HRT anwendeten war das Risiko für Depressionen gegenüber denjenigen, die keine HRT anwendeten erhöht (HR 2,21, 95% KI 1,07 – 4,55), ebenso das Risiko für Schlafprobleme (HR 2,51, 95% KI 1,25 – 5,04).

In der Studien- und Kontrollgruppe waren nach einem Matching jeweils 8.549 Frauen eingeschlossen worden.

Die Resultate der Studie sind nachvollziehbar und passen zur klinischen Erfahrung bei diesen Patientinnen: Das Leiden unter menopausalen Symptomen wie vasomotorischen Beschwerden, Schlafstörungen oder Blutungsstörungen ist nachvollziehbar ein Trigger für die Entwicklung Depressionen. Interessant ist in der Diskussion der Umgang mit den Ergebnissen zur HRT. So wird diskutiert, warum die HRT das Risiko von Depressionen steigern könnte. Ich habe diesen Hinweis auch in einer anderen Besprechung dieser Studie schon gelesen: „HRT konnte das Depressionsrisiko nicht lindern.“ Ich denke, hier werden Henne und Ei verwechselt: Meine Interpretation ist, dass diejenigen Frauen, die eine HRT erhielten, eine höhere Belastung durch menopausale Symptome hatten, daher mehr darunter litten, daher ein höheres Risiko auch für die Entwicklung von Depressionen hatten und wegen der Beschwerden eine HRT erhielten.

Kritisch in dieser Datenbankauswertung ist, dass die “Symptomatik” auf ICD-Codes beruhte (95.X), nicht auf der direkten Befragung der Patientinnen oder deren Untersuchung. Insofern wird bei der selbstkritischen Betrachtung der Studie in der Diskussion angemerkt, dass Lebensumstände z.B. nicht berücksichtigt werden konnten, die ebenfalls in dieser Lebensphase das Risiko von Depressionen relevant triggern können.

Dennoch insgesamt eine interessante und relevante Auswertung!

Ihr

Michael Ludwig