Das Thema „Mammakarzinom und HRT“ ist eine viel diskutierte, lange Geschichte. Dass eine kombinierte HRT das Mammakarzinom erhöht, ist sicher. Dies ist unabhängig von den verwendeten Gestagenen, Östrogenen oder Applikationsformen.

Diskutiert wird die Frage, was die Auswirkung einer Östrogen-Mono-Therapie auf das Mammakarzinomrisiko bedeutet. Die WHI-Daten zeigen mit einem 20jährigen (Median) follow-up und 7,2 Jahren (Median) Therapie eine Risikoreduktion von 22% für die Mammakarzinom-Inzidenz und von 40% für die Mammakarzinom-Mortalität. Die Studie umfasste 10,739 postmenopausale Frauen, 50-79 Jahre alt. Vor Studienaufnahme musste eine unauffällige Mammographie vorliegen, zudem wurde eine jährliche Mammographie durchgeführt.

Grund für meinen aktuellen Blog-Eintrag ist eine Publikation, die der Frage nachgeht, warum die WHI-Daten und die Daten von 5 weiteren kleineren prospektiven, randomisierten Studien zu einem anderen Resultat kommen als die Meta-Analyse im Lancet, die im Wesentlichen Beobachtungsstudien beinhaltete. (Kathy Pan et al. Estrogen therapy and breast cancer in randomized clinical trials: a narrative review. Menopause, im Druck)

Die 5 weiteren Studien waren namentlich PEPI, ERA, WEST, DOPS und ESPRIT, in denen zusammen 17 Fälle eines Mammakarzinoms in den Therapiegruppen (n = 1.220) und 28 in den Kontrollgruppen (n = 1.206) beobachtet worden waren (RR 0,61, 95% KI 0,34 – 1,09, p = 0,15). Zusammen mit den WHI-Daten war die Mammakarzinom-Inzidenz signifikant reduziert (RR 0,77, 95% KI 0,64 – 0,93).

Die Gruppe der Autorinnen und Autoren sieht insofern die Diskrepanz zwischen den randomisierten Daten und Beobachtungsdaten und versucht sich an einer Erklärung. Dabei stellen sie fest, dass eine schlüssige Erklärung aktuell nicht möglich ist.

Unter anderem überlegen sie, ob das höhere Lebensalter oder die längere Zeitdauer zwischen Menopause und Initiierung der HRT im Vergleich zu den anderen Studien ursächlich sein könnte – die WHI-Daten zeigen jedoch den Benefit für jede Altersdekade und unabhängig davon, ob die Menopause < 5 oder ≥ 5 Jahre zurücklag. Das Argument, dass unter Anwendung der konjugierten Östrogene die Mammographie weniger Mammakarzinome entdecken könne, halten sie für falsch, da nicht nur die Mammakarzinom-Inzidenz sondern auch die -Mortalität signifikant gesenkt wurde. Zudem zitieren sie andere Daten, die keine geminderte Erkennungsrate von Mammakarzinomen unter dem Einfluss von konjugierten Östrogenen gefunden haben.

Sind es möglicherweise die konjugierten Östrogene, die ausschließlich in der WHI-Studie Anwendung gefunden haben im Vergleich zu anderen Östrogenen? Haben diese ggf. eine andere Wirkung auf das Mammagewebe? Könnte also der Effekt einer Östrogen-Mono-Therapie präferentiell für die equinen Östrogene zutreffen? Die Autoren formulieren zumindest in ihrer Schlussfolgerung: „CEE alone initiates changes that influence breast cancer that persists“. Auch bei diesem Erklärungsmodell muss man aber einschränkend sagen, dass 2 der 5 kleineren randomisierten Studien equine Östrogene angewendet haben, die anderen nicht. Insofern bleibt die Erklärung für die beobachteten Unterschiede in den Studien offen.

Als definitiv sicher annehmen kann man, dass die Östrogen-Mono-Therapie das Mammakarzinomrisiko allenfalls marginal erhöht – ggf. in einem Umfang, der für die individuelle Patientin irrelevant ist – möglicherweise wird das Risiko nicht beeinflusst oder sogar reduziert.

Mehr kann man vor dem Hintergrund der aktuellen Studienlage meiner Meinung nach nicht behaupten.

Ihr

Michael Ludwig