In einer Übersichtsarbeit wurde der Frage nachgegangen, wie die Evidenzlage für die Gabe transdermalen Östradiols im Rahmen einer HRT bzgl. des Thromboserisikos einzuschätzen ist (Talia H. Sobel und Wen Shen. Transdermal estrogen therapy in menopausal women at increased risk for thrombotic events: a scoping review. Menopause, im Druck). Es wurden für diese Analyse 13 Publikationen zwischen 2000 und 2020 ausgewertet, die sich speziell mit dem Einfluss transdermalen Östradiols auf das Thromboserisiko bei Patientinnen mit Risikofaktoren beschäftigt haben.

Grundsätzlich, so das Eingangsstatement, ist davon auszugehen, dass das Risiko bei Frauen ohne Risikoanamnese nicht erhöht wird. Für diesen Review wurden verschiedene Szenarien ausgewertet:

(a) Die Literatur zeigt in einer Publikation ein ungefähr 6fach erhöhtes Thromboserisiko für Frauen mit vorangehender Thrombose oder Embolie bei Anwendung oralen Östradiols, Das Risiko für transdermales Östradiol ist nicht erhöht.

(b) Bei Übergewicht und Adipositas zeigen 3 Publikationen kein erhöhtes Thrombose- oder Embolierisiko für die Anwendung transdermalen Östradiols.

(c) Zur Beurteilung des Risikos von Frauen mit einer Thrombophilie wurde verschiedene Untersuchungen in dem fraglichen Zeitraum publiziert. Eine ungewöhliche Thrombophilie waren CYP3A5 und CYP1A2 Polymorphismen, die Gegenstand einer Publikation waren. Eine transdermale Östradioltherapie führte in dieser Untersuchung nicht zu einer signifikanten Risikoerhöhung, die orale Östradioltherapie erhöhte das Risiko in einer definierten Konstellation um das 30fache. Ein anderer kardiovaskulär bedeutsamer Risiko-Polymorphismus (IVSI-401) zeigte ebenfalls keinen Einfluss bei transdermaler Östradioltherapie wohl aber bei oraler. Schließlich wurden auch – in einer dritten Publikation – Frauen zum Thromboserisiko unter Östradioltherapie untersucht, die positiv auf eine Faktor V Leiden Mutation oder einen Prothrombinpolymorphismus hin getestet worden waren. Das Risiko einer transdermalen Östradioltherapie führte bei Vorliegen einer der genetischen Veränderungen zu einem 4,4fach erhöhten Risiko (95 KI 2,0 – 9,9), das ebenso hoch war wie das Risiko von Nicht-Anwenderinnen mit einer prothrombotischen Veranlagung (OR 4,1, 95% KI 2,3 – 7,4). Die orale Therapie erhöhte das Risiko um mehr als das 25fache.

(d) Eine Publikation beschäftigt sich mit 255.067 postmenopausalen Frauen, die eine kardiovaskluäre Risikopopulation darstellten mit Faktoren wie Adipositas, Varizen, Rauchen, Immobilisation, operativen Eingriffen, Diagnose eines Malignoms, Hypertonus, kardiovaskuläre oder cerebrovaskuläre Erkrankungen, myeloproliferative Erkrankungen oder genetische Thrombophilie. Bei oraler Anwendung war das Thrombose-Embolie-Risiko um das 1,5fache erhöht, bei transdermaler Östradioltherapie gab es keinen Einfluss.

(e) Eine ebenfalls ausgewertete Publikation beschrieb Frauen mit vorangehender Thrombose oder Embolie, die randomisiert mit einer transdermalen HRT behandelt wurden oder in einer nicht-behandelten Kontrollgruppe waren. Die Autoren fanden nach 6 Monaten keinen laboranalytischen Hinweis (Fibrinogen, Thromboelastographie) darauf, dass diese HRT die Gerinnungsneigung erhöht hätte.

(f) Eine letzte Gruppe von 4 Studien beschäftigte sich mit laboranalytischen Endpunkten der Koagulation in Risikogruppen (Frauen mit Typ 2 Diabetes mellitus, Insulinresistenz, koronarer Herzkrankheit) oder ansonsten gesunden Frauen bei Anwendung transdermalen Östradiols. Auch diese Studien fanden keinen Nachteil für die Gerinnungsparameter im Sinne einer Hyperkoagulabilität.

Die beiden Autoren schlussfolgern insofern nachvollziehbar, dass transdermales Östradiol bei erhöhtem Thrombo-Embolie-Risiko eine sichere Variante, darstellt, dass allerdings die Datenlage nach wie vor – in Risikogruppen – dünn ist und insofern es immer einer Risiko-Nutzen-Abwägung der Therapie bedarf.

Ihr

Michael Ludwig