Eine retrospektive Datenanalyse bei 51.571 Frauen unter einer HRT kommt zu dem interessanten und überraschenden Schluss, dass eine transdermale Östradioltherapie kein (!) niedrigeres Thromboserisiko birgt als die orale Gabe von konjugierten Östrogenen oder Östradiol (Marc Blondon et al. Comparative venous thromboembolic safety of oral and transdermal postmenopausal hormone therapies among women Veterans. Menopause, im Druck).

Dies widerspricht allen bisherigen Beobachtungen – v.a. dem fehlenden Thromboserisiko transdermalen Östradiols.

Worin der Grund für diese Diskrepanz besteht klärt die Studie nicht – die Autorengruppe betont die Vorteile ihrer Analyse und sieht selbst keine Erklärung, da der fehlende Unterschied bestehen bleibt, auch wenn nur eine Östrogen-Mono-Therapie analysiert wird und die Daten adjustiert werden nach Alter, BMI und ethnischem Hintergrund.

Möglicherweise, so meine Interpretation, handelt es sich um eine Selektionsbias: 74,5% der Frauen wendeten orale konjugierte Östrogene, 12,6% orales Östradiol und 12,9% transdermales Östradiol an. Insofern muss man sich fragen, bei welcher Patientin ärztlicherseits eine transdermale Östrogenisierung gewählt wurde. Ein Faktor scheint – warum auch immer – eine stattgehabte Hysterektomie zu sein, da in der Gesamtkohorte die Wahrscheinlichkeit dafür bei 3,4% lag, bei den Frauen mit transdermalem Östradiol bei 9,6%. Ggf, das wird nicht analysiert, handelt es sich bei den Frauen mit transdermalem Östradiol um eine Risikogruppe: Diesen Frauen wurde bevorzugt transdermales Östradiol empfohlen, weil sie ein erhöhtes Thromboserisiko aufwiesen. Daten zur Anamnese liegen in der Kohorte nicht vor.

Diese Studie ändert meine Einstellung zu transdermalem Östradiol nicht – dennoch sind die Daten bemerkenswert und bedürfen einer weiterer Analyse. Ich hätte mir mehr kritische Auseinandersetzung der Autorengruppe mit ihren Daten gewünscht, da eben die enorme Diskrepanz mit den bisher publizierten Erfahrungen besteht.

Ihr

Michael Ludwig