Ist eine Behandlung mit einer Gestagen-Mono-Therapie postmenopausal sinnvoll, um Beschwerden, insbesondere vasomotorische Beschwerden, zu lindern? So häufig, wie diese Therapie propagiert wird, sollte man daran keinerlei Zweifel haben. Fragt man sich nach der therapeutischen Rationale, so sollten erste Zweifel aufkommen, weil diese tatsächlich nur schwer zu finden ist. Sucht man nach der Evidenz, so ist diese dürftig. In einem systematischen Review wurde das Thema nunmehr aufbereitet und analysiert (Shelley N. Dolitsky et al. Efficacy of progestin-only treatment for the management of menopausal symptoms: a systematic review. Menopause, im Druck).

Für diese Auswertung finden die Autoren in den vergangenen 40 Jahren – 1980 – 2020 – genau 7 Studien, die ihren Qualitätskriterien entsprechen und prospektiv, randomisiert und placebo-kontrolliert durchgeführt wurden. Allerdings sind diese Studien so heterogen, dass sie einer Meta-Analyse nicht zugänglich sind. Drei Studien wendeten transdermales Progesteron an (20 und 32 mg), zwei orales MPA und zwei weitere orales mikronisiertes Progesteron.

Während bei einer Studie mit transdermalem Progesteron kein Effekt zu beobachten war (n = 80) zeigte die andere (n = 90) eine signifikante Reduktion vasomotorischer Beschwerden (83% vs. 19% derjenigen, die vasomotorische Beschwerden hatten). Die größte Studie zu transdermalem Progesteron umfasste 230 Frauen, die mit 5 mg, 20 mg, 40 mg und 60 mg Progesteron transdermal oder einem Placebo behandelt wurden. Auch diese Studie zeigte keinen Benefit.

Bemerkenswert ist zu dem Thema, dass transdermales Progesteron nicht verlässlich resorbiert wird, insofern die Wirkung ohnehin fragwürdig ist, und dass zum anderen der Effekt in der erfolgreichen Studie in der Placebogruppe außergewöhnlich niedrig war (19%) – üblicherweise erwartet man einen mehr als doppelt so hohen Placeboeffekt.

1980 konnte eine Arbeitsgruppe bei Anwendung von 20 mg MPA täglich eine signifikante Reduktion von vasomotorischen Beschwerden beobachten (73,9% vs. 25,9%) (n =32). Eine zweite Studie beinhaltete die Gabe von 10 mg MPA oder einem Placebo von Tag 16-25 eines Monats, ohne einen Effekt zu erzielen.

Schließlich werden die zwei Studien mit oralem mikronisiertem Progesteron berichtet, eine mit 300 mg täglich (n = 133) und signifikanter Reduktion eines Scores zur Beurteilung vasomotorischer Beschwerden über eine Behandlungsdauer von 12 Wochen sowie eine (n = 10) im cross-over-design über je 21 Tage und dazwischenliegender wash-out-Phase von 14 Tagen ohne Effekt. Die erste der beiden ist aufgrund der Zahl rekrutierter Teilnehmerinnen und der Dauer der Therapie sicherlich aussagekräftiger. Dennoch ist es zum oralen Progesteron die einzige verfügbare Datenbasis.

Zusammengefasst ist das Ergebnis auch in der Beurteilung der Autoren des Review heterogen und schwer einschätzbar. Ein möglicher Effekt lässt sich nicht abstreiten, ein optimales Therapieregime bleibt unklar. Wünschenswert sind definitiv weitere Daten, bevor man diese Therapieoption ratsuchenden Patientinnen anbietet.

Ihr

Michael Ludwig