Wieviel Progesteron muss man im Rahmen der HRT geben, um die Endometriumtransformation sicherzustellen? Nach den Daten der Studien der letzten Jahrzehnte ist meine Einschätzung, dass man eher mehr als weniger geben sollte, um einem Endometriumkarzinom vorzubeugen. Insofern sollten täglich kontinuierlich 200 mg oral gegeben werden. Ob man transvaginal weniger benötigt, ist unklar – auch wenn es eindeutige Daten gibt, dass Progesteron transvaginal gut resorbiert wird und am Endometrium etwa 14fach höhere Spiegel erreicht werden als im Serum.

Transdermales Progesteron ist keine verlässliche Therapie.

Warum ich darüber heute schreibe? Es werden Kapseln entwickelt mit Östradiol und Progesteron, aktuell in einer Phase III-Studie mit 1.845 Frauen, von denen 1.275 die 52 Wochenphase komplettierten (Sebastian Mirkin et al. Endometrial safety and bleeding profile of a 17b-estradiol/ progesterone oral softgel capsule (TX-001HR). Menopause 2020; 27: 410-417). Die prospektive, randomisierte, doppelt-blinde und placebo-kontrollierte Studie lief unter dem Namen REPLENISH trial an 3 Zentren in den USA (August 2013 – Oktober 2016). Die Kapseln enthielten  neben 0,25 – 1 mg Östradiol 50 oder 100 mg Progesteron für die täglich kontinuierliche Anwendung oder ein Placebo.

In einer Auswertung zur Endometriumsicherheit wurden über 1 Jahr die 4 Dosen verglichen, es zeigte sich eine gute Amenorrhoerate, kein Anhalt für ein erhöhtes Risiko der Endometriumhyperplasie (≤ 0,36%). Die Wahrscheinlichkeit eines proliferativen Endometriums lag bei 0,3% (0,5 mg Östradiol und 50 mg Progesteron) bis 2,9% (1 mg Östradiol und 100 mg Progesteron) gegenüber 0% in der Placebogruppe.

Heißt das jetzt, dass wir doch weniger Progesteron brauchen? Ein Schritt zurück?

Ich sehe das nicht so und warne weiterhin davor, zu wenig Progesteron zu geben. Die Daten dieser Studie betrachten nur 1 Jahr der Anwendung, die Frauen waren im Mittel grenzwertig übergewichtig mit einem BMI bei 26,9 kg/m2. Eine frühere Endometriumpathologie war Ausschlusskriterium. Insofern wird nur eine begrenzte Zeit bei einem günstigen Anwenderinnenprofil betrachtet. Was nach 5 Jahren Anwendung in den 2,9% Fällen passiert, in denen bereits nach 1 Jahr eine Endometriumproliferation zu sehen war, ist unklar. Was in dem Fall passiert, wenn der BMI eher bei 30 kg/m2 oder darüber liegt, ist ebenfalls spekulativ. Schließlich war die Dosis von Östradiol klar definiert und niedrig mit 0,5 – 1 mg täglich – was dann passiert, wenn man transdermal höher dosiert oder oral mehr als 1 mg gibt, ist ebenfalls unklar und ist nicht Gegenstand dieser Studie gewesen.

Wenn man Progesteron in einer freien Kombination anwendet sollten täglich kontinuierlich 200 mg gegeben werden.

Effektiv ist im Übrigen die Therapie – die Studie untersuchte in einer Subgruppe von 766 Teilnehmerinnen bzgl. der Reduktion vasomotorischer Beschwerden, 647 komplettierten diesen 12wöchigen Studienabschnitt (Andrew M. Kaunitz et al. 17b-estradiol/progesterone in a single, oral, softgel capsule (TX-001HR) significantly increased the number of vasomotor symptom-free days in the REPLENISH trial. Menopause, im Druck). Das mittlere Alter lag bei 55 Jahren, der mittlere BMI bei 27 kg/m2, die Frauen waren im Durchschnitt 6 Jahre postmenopausal. Es zeigte sich sowohl für die 0,5 mg als auch für die 1 mg Dosierung von Östradiol eine signifikante Reduktion von vasomotorischen Beschwerden, gemessen als „Tage ohne vasomotorische Beschwerden“. Die Kapseln mit 1 mg Östradiol und 100 mg Progesteron sollen laut der Schlussfolgerungen der Autoren weiter untersucht werden.

Ihr

Michael Ludwig