Die hormonelle Versorgung junger Frauen mit einer Anorexia nervosa ist immer wieder Thema. Von einigen wird propagiert diese Frauen mit einer transdermalen Östradiolpräparation zu versorgen, da dies optimal für die Knochengesundheit sei. Tatsächlich sprechen die Daten dafür, dass kombinierte Kontrazeptiva mit Ethinylöstradiol keinen Vorteil bringen. Unklar sind die Daten m.E. nach für östradiol-haltige kombinierte Kontrazeptiva, die ich daher für die bessere Wahl halte.

Nun gibt es eine neue Publikation zu diesem Thema (Laurent Maïmoun et al. Oral contraceptives partially protect from bone loss in young women with anorexia nervosa. Fertility & Sterility 2019; 111: 1020-1029). Die Autoren haben ein großes Kollektiv von Frauen mit Anorexia nervosa (n = 305) mit einer altersgematchten Kontrollgruppe (n = 121) verglichen. 99 der Frauen mit Anorexia nervosa nutzten eine Form der hormonellen Kontrazeption, 15 davon ein Gestagen-Mono-Präparat, 84 ein kombiniertes Kontrazeptivum.

Die Analyse verschiedener Parameter der Knochengesundheit zeigt, dass diejenigen Anorexie-Patientinnen, die ein kombiniertes Kontrazeptivum einnahmen, durchweg eine höhere Knochendichte aufwiesen als diejenigen, die keines einnahmen. Allerdings blieb in dieser Gruppe die Knochengesundheit noch immer unter der der Kontrollpersonen.

Nachteilig an dieser Studie ist, dass es sich um eine nicht-interventionelle Beobachtungsstudie handelte, d.h. die Patientinnen wurden nicht randomisiert. Die Autorengruppe sieht als Vorteil allerdings die hohe Zahl an Patientinnen und v.a. auch die lange Anwendungsdauer in ihrer Kohorte, da sie das Maximum des Vorteils nach etwa 3 Jahren sahen, die randomisierten Studien aber eine limitierte Dauer von 12-18 Monaten aufweisen.

Insofern kann die Studie die offenen Fragen nicht endgültig beantworten enthält aber deutliche Hinweise, dass die Anwendung kombinierter Kontrazeptiva nicht falsch ist. Ggf., wie bereits eingangs erwähnt, mag die explizite Auswahl eines östradiol-haltigen Präparates in dieser Konstellation Vorteile haben – eine Evidenz dafür existiert aber nicht. Therapie der Wahl ist die Heilung der Erkrankung, nur, damit ich nicht falsch verstanden werde.

Ihr

Michael Ludwig