Daten einer früheren Studie wurden bzgl. menopausaler Beschwerden bei Veterainnen des amerikanischen Militärs abhängig von ihrer sexuellen Orientierung ausgewertet. (Laura A. Muratore et al. Sexual orientation and sexual functioning in midlife women veterans. Menopause 2024; im Druck: DOI: 10.1097/GME.0000000000002449)
Befragt wurden Frauen zwischen 45 und 64 Jahre. Die Gesamtgruppe umfasste 230 Frauen, 173 gaben eine heterosexuelle Orientierung an, 57 wurden als sexual minority women (SMW) erfasst (v.a. homosexuell, bisexuell orientiert). Über 80% der Frauen waren postmenopausal. 75% der Frauen gaben zumindest ein vaginales Symptom (Trockenheit, Schmerzen) in den letzten 4 Wochen an.
In den nicht-adjustierten Daten gaben SMW häufiger eine sexuelle Aktivität (allein oder mit Partner:in) in den letzten 4 Wochen an (65 % vs. 47 %, p = 0,02). Vor allem gaben sie im Vergleich zu heterosexuellen Frauen eine geringere Wahrscheinlichkeit von Schmerzen im Zusammenhang mit der sexuellen Aktivität (12 % vs. 48 %, p < 0,001) und weniger vaginale Symptome (10 % vs. 49 %, p = 0,001) an. Insofern waren sie nach Adjustierung der Daten fast doppelt so häufig sexuell Aktiv (OR 2,20, 95 % KI 1,13 – 4,30) und hatten eine signifikant niedrigere Wahrscheinlichkeit von Schmerzen bei sexueller Aktivität (OR 0,07, 95 % KI 0,16 – 0,32) und vaginaler Beschwerden (OR 0,33, 95 % KI 0,17 – 0,66).
Diese Beobachtungen sind auch in den Augen der 4 Autorinnen hochinteressant. Zur Deutung ihrer Ergebnisse zitieren die Autorinnen die Ergebnisse anderer Studien, die zeigen konnten, dass Frauen aus der Gruppe der SMW den menopausalen Übergang als weniger dramatisch erleben, was den Verlust der Menstruation und der Reproduktionsfähigkeit angeht. Sie zeigen eine lockerere Einstellung gegenüber der Erwartungen an ihr Geschlecht und lehnen teils traditionell immer noch vorherrschende Geschlechterrollen ab. Sie haben weniger Bedenken hinsichtlich ihrer Weiblichkeit und Attraktivität im perimenopausalen Übergang bzw. in der Postmenopause. Dies wird u.a. auch durch eine bessere soziale Unterstützung auch partnerseitig erklärt.
Begleitend zu der Studie beschäftigt sich auch ein Editorial mit diesen Fragen. (Jan Shifren. A new orientation on our understanding of midlife sexuality. Menopause 2024; im Druck: DOI: 10.1097/GME.0000000000002482) Dort wird hervorgehoben, dass mehr detaillierter Forschungsbedarf besteht und die beiden Gruppen ggf. nicht miteinander vergleichbar sind, was die sexuelle Aktivität angeht. So könnte es sein, dass Frauen der SMW weniger häufig vaginalen Verkehr hatten, was dann auch zu weniger Beschwerden und Schmerzen führen würde.
Ich halte diese Einschränkungen durchaus für relevant. Allerdings sehe ich in der Originalarbeit auch deutliche Hinweise darauf, dass Frauen in nicht-heterosexueller Orientierung eben nicht unter der männlichen Dominanz leben mit der männlich gemessenen „normalen“ Libido, die die eigene als gemindert oder unzureichend erscheinen lässt. Es bestätigt meine Meinung dahingenend, dass die „Libidoprobleme der Frau“ im Verlauf des Lebens eher ein natürlicher Verlauf sind, per se nicht als Problem empfunden würden, wenn von Seiten des männlichen Partners nicht eine andere Libido erwartet und v.a. eingefordert würde. Diese Diskrepanz erst macht aus einer Veränderung der Libido ein „Libidoproblem“ oder eine Pathologie.
Ihr
Michael Ludwig
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