Die Auswertung dänischer Register ergibt einen Hinweis darauf, dass die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva zeitnah vor einer Schwangerschaft assoziiert ist mit dem Risiko von Epilepsien bei den geborenen Kindern bis zum Alter von etwa 9 Jahren (Median 9,2 Jahre) (H.I.M. Halane et al. Maternal use of hormonal contraception and epilepsy in offspring. Human Reproduction, im Druck). Eingeschlossen waren alle lebendgeborenen Kinder zwischen dem 1. Januar 1998 und dem 31. Dezember 2014, das follow-up erfolgte bis maximal zum 31. Dezember 2015 oder – falls es dazu vorher kam – bis zu einer Auswanderung oder zum Tod des Kindes.

1.053.302 Kinder wurden in der entsprechende Zeit geboren, 17.585 entwickelten eine Epilepsie. Die Mütter wurden kategorisiert in solche, die nie eine Verschreibung hormoneller Kontrazeptiva erhalten hatten (18%), diejenigen, die bis 3 Monate vor der Schwangerschaft hormonelle Kontrazeptiva anwendeten (70,2%) und diejenigen, die bis unter 3 Monate vor der Schwangerschaft hormonelle Kontrazeptiva anwendeten (11,8%). Gegenüber denjenigen, die keine Präparate angewendet hatten (Referenzgruppe), lag das Risiko für eine Epilepsie bei vorheriger Anwendung (> 3 Monate) bei einer hazard ratio (HR) 1,01 (95% KI 0,97 – 1,05) und bei kürzlicher Anwendung (≤ 3 Monate) bei 1,07 (95% KI 1,02 – 1,13). Interessanterweise war das Risiko bei Anwendung in der Schwangerschaft – als Untergruppe von ≤ 3 Monate – mit einer HR 1,02 (95% KI 0,89 – 1,16) nicht erhöht, was auch bei allen weiteren Subauswertungen verschiedner Präparate so war.

Am höchsten war das Risiko bei der Gruppe der nicht-oralen Gestagen-Mono-Präparate (Depot-MPA, LNG IUD, Implantate) und dort wiederum bei einer Anwendung vorherigen Anwendung (HR 1,53, 95% KI 1,31 – 1,80). Bei kürzlicher Anwendung vor einer Schwangerschaft lag das Risiko bei HR 1,19 (95% KI 1,04 – 1,38).  Bei den nicht-oralen Gestagen-Mono-Präparaten wurden allerdings andere Zeitkriterien als die 3 Monate gewählt. Insofern galt als „vorherige Anwendung“ das Einlösen eines Rezepts länger als die zulässige Liegedauer eines Implantats (3 Jahre) oder eines LNG IUD (3 oder 5 Jahre) bzw. bei Depot-MPA 1 Jahr, da eine langfristige Nachwirkung durch kumulierende Dosen bekannt ist. Als „kürzlicher Anwendung“ galt das Einlösen des Rezepts unterhalb dieser Zeiten.

Die Autoren diskutieren ihre Daten kritisch und weisen auf die Assoziation und den fehlenden Nachweis eines kausalen Zusammenhanges hin. Allerdings zitieren sie auch Daten, die bereits einen Zusammenhang von Clomifen und einer Epilepsie des Kindes nahegelegt haben. Zudem verweisen sie auf die Rolle von Ethinylöstradiol als endocrine disrupter, also als eine Substanz, die bekanntermaßen störend in die Entwicklung einwirkt. Interessant sind zudem die von den Autoren diskutierten Daten zu Progesteronrezeptoren im sich entwickelnden zentralen Nervensystem, was eine Auswirkung der Gestagenkomponente hormoneller Kontrazeptiva nahelegt.

Bei den Gestagen-Mono-Präparaten sind die Daten meiner Meinung nach schwer zu interpretieren, da man nicht weiß, wann Implantat oder LNG IUD vor einer Schwangerschaft entfernt wurden. Relevant mögen daher v.a. die Depot-MPA-Präparate sein und deren potentielle Auswirkung auf die neurologische Entwicklung des Kindes.

Insgesamt gesehen interessante Daten, die aber sicherlich weiterer Absicherung bedürfen.

Ihr

Michael Ludwig