Erhöht eine HRT das Demenzrisiko? Diese Frage ist nicht neu und wird seit 25 Jahren diskutiert. Ursprünglich hatten Beobachtungsdaten einen Benefit der HRT für das Demenzrisiko gezeigt. Die WHI-Studie war die erste, die mit prospektiven, randomisierten Daten eine Risikoerhöhung zeigte. Allerdings waren die Frauen eher älter, weit postmenopausal.
Im vergangenen Jahr wurde eine Registerstudie aus Dänemark publiziert. (Nelsan Pourhadi et al. Menopausal hormone therapy and dementia: nationwide, nested case-control study. BMJ 2023; 381: e072770) Diese zeigt ein höheres Risiko einer Demenz für Frauen, die eine HRT erhalten haben. Die Ergebnisse und Hinweise sind, wie gesagt, nicht neu – allerdings hat bisher noch niemand so stark herausgestellt, dass die negative Wirkung auf das Demenzrisiko auch bei jüngeren Anwenderinnen (< 55 Jahre) besteht.
Eine Erklärung könnte sein, dass Frauen, die vasomotorische Beschwerden haben, ein höheres vaskuläres Risiko haben als Frauen ohne vasomotorische Beschwerden. Dann würde die vorsichtige Schlussfolgerung der Autor:innen zutreffen, dass es nicht die Therapie ist, die das Risiko ergibt, sondern das Hintergrundrisiko der therapierten Frauen, die die höhere Demenzwahrscheinlichkeit erklärt.
Nimmt man die aktuelle Datenlage, so kann man annehmen, dass Frauen mit einer frühen Menopause (< 45 Jahre) und die mit einer prämaturen Ovarialinsuffizienz bzgl. des Demenzrisikos von einer HRT profitieren – aber das sind eben Frauen meist ohne vasomotorische Beschwerden, also eine unselektierte Kohorte.
Einschränkend muss man noch sagen, dass der Großteil der Frauen oral und mit NETA substituierte wurde. Inwieweit das tatsächlich einen Einfluss hat, ist spekulativ, es könnte jedoch aufgrund der thrombogenen Wirkung natürlich eine Erklärung sein. inwieweit aber die Daten für eine transdermale Östrogenisierung und ggf andere Gestagene ein anderes Ergebnis liefern, ist spekulativ.
Dieser Studie trifft einen relevanten Punkt: Keine Therapie ohne Risiko. Es ist ein (kleines) Warnlicht für diejenigen, die die HRT für alle und für lange oder immer sehen.
Ihr
Michael Ludwig
Wenn nach mehr als 20 Jahren das Risiko noch nicht klar ist, kann es wohl so groß nicht sein, denke ich .
Mit freundlichen Grüßen
PS: intima Media Messung vor HRT ?
Guten Tag,
eine Intima-Media-Messung wäre zumindest eine Möglichkeit, bereits fortgeschrittene kardiovaskuläre Veränderungen zu erkennen und diese Patientinnen von einer HRT auszuschließen. Bei diesem Problem geht es aber wahrscheinlich um noch frühere, diskrete Veränderungen, eben die erhöhte Gefäßsensibilität an sich. Insofern wird – wahrscheinlich – die Beurteilung eines Surrogatparameters wie der Intima-Media-Dicke nicht ausreichend sein, alle Risikopatientinnen zu filtern.
Ursache der noch immer heterogenen Datenlage ist ggf weniger das nur geringe Risiko – es ist der sehr lange Zeitraum, über den Studien laufen müssten, um die Frage verlässlich zu beantworten.
In jedem Fall: Interessantes Thema.
Gruß,
Michael Ludwig