Neun prospektive kontrollierte Studien bzgl. der Auswirkung einer Hormonersatztherapie auf die Augengesundheit wurden in einer Meta-Analyse ausgewertet (Yuan Hao et al. The effect of hormone therapy on the ocular surface and intraocular pressure for postmenopausal women: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Menopause, im Druck).

Untersucht wurden verschiedene ophthamologische Parameter bzw. Testergebnisse:

  • Tränenfilm-Aufrisszeit (break-up time), ein Messwert für die Stabilität des Tränenfilms, wie gut also die Augen benetzt sind
  • Schirmer-Test zur Beurteilung der Tränenproduktionsmenge, dazu wird ein 5 mm breiter und 35 mm langer Filterpapierstreifen in den Bindehautsack im äußeren Lidwinkel gehängt
  • Hornhautfärbungen, zur Beurteilung oberflächlicher Läsionen

Beurteilte Symptome beinhalteten Trockenheit, Fremdkörpergefühl, Brennen und Müdigkeit der Augen.

In allen Tests und Symptomen zeigte die Meta-Analyse einen signifikanten Vorteil für die hormonelle Substitution: Tränenfilm-Aufrisszeit (MD, mean difference 2,09, 95% KI 1,00 – 3,19, p 0,0002), Schirmer-Test ohne Anästhesie (MD 4,17, 95% KI 1,55 – 6,80, p = 0,002), Schirmer-Test mit Anästhesie (MD 1,44, 95% KI 0,71 – 2,18, p = 0,0001), Hornhautfärbung Score (standardisierte MD (sMD) 0,85, 95% KI 1,39 – 0,30, p = 0,002), Trockenheit (sMD 1,21, 95% KI 1,00 – 0,44, p = 0,002), Fremdkörpergefühl (sMD 1,02, 95% KI 1,29 – 0,76, p < 0,0001), Müdigkeit der Augen (sMD 1,74, 95% KI 2,12 – 1,36, p < 0,00001) und Brennen (sMD 0,53, 95% KI 0,78 – 0,29, p < 0,0001).

Mehr Vorteile hatten Frauen unter 55 Jahren im Vergleich zu solchen über 55 Jahren. Eine Östrogen-Mono-Therapie war effektiver als eine kombinierte Therapie

Der Augeninnendruck wurde durch eine hormonelle Substitution nicht verändert.

Die Meta-Analyse zeigt, dass tatsächlich – wie tierexperimentell vermutet – Östrogene einen anti-inflammatorischen Effekt auf die Tränendrüsen haben und so die Rate an Zellapoptosen senken. Zudem sollen Östrogene einen protektiven Effekt auf die Meibomschen Drüsen haben, die für den öligen Tränenfilm verantwortlich sind. Bzgl. der Hornhaut hatten Untersuchungen an Zellinien gezeigt, dass Östrogene die Zellmigration fördern durch eine Up-Regulation in der Expression von Matrix-Metalloproteinase 9 und Down-Regulation in der Expression von Fibronektin sowie einem höheren Spiegel an EGF. All dies waren bereits experimentelle Hinweise auf eine optimierte Hornhaut-Heilung.

Bezüglich der Augentrockenheit als postmenopausales Symptom und möglicher Therapieansätze diskutieren die Autoren ihre Daten sehr kritisch. So kommen sie zu dem Schluss, dass diesbezüglich das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und weitere Untersuchungen notwendig sind. Hintergrund ist, dass eine kürzliche Untersuchung an über 25.000 Frauen unter einer Hormontherapie und insbesondere unter der Anwendung von Östradiol-Mono-Therapie eine Verschlechterung der Trockenheit zeigte (D.A. Schaumberg et al. Hormone replacement therapy and dry eye syndrome. JAMA 2001;286:2114-2119). Diese Studie war als Kohortenstudie ohne standardisierte Tests nicht in die Analyse der Autoren eingegangen. Verglichen wurden Frauen mit Anwendung einer Östrogen-Mono-Therapie, einer kombinierten Therapie und keiner Hormonanwendung. Es lagen keine Ausgangsdaten zur Prävalenz des Trockenen Auges vor und möglicherweise bestand ein Selektionsbias bei den Hormonanwenderinnen (mehr symptomatische Patientinnen wendeten Hormone an). Schließlich wurden die Symptome nicht – wie in dieser Meta-Analyse gefordert – mit standardisierten Tests erfasst sondern aufgrund der subjektiven Einschätzung.

Trotz der zuletzt genannten Einschränkung ist diese Analyse relevant für die klinische Praxis, da sie als erste ihrer Art etwas Licht in dieses Thema bringt.

Ihr

Michael Ludwig