Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist gestiegen schreibt die FAZ – ein Beleg mehr dafür, dass die Freigabe der Notfallkontrazeption nicht mehr Verhütungssicherheit gebracht hat.
Bemerkenswert in dem FAZ-Artikel ist, dass dort sehr klar die Wichtigkeit der kontrazeption Beratung durch Frauenärztinnen und Frauenärzte hervorgehoben wird.
Ihr
Michael Ludwig
Sehr geehrter Prof. Ludwig,
ich schätze Ihre Fachkompetenz sehr und lese den Newsletter sehr gerne. In kurzer knapper Form bringen neue Ergebnisse rüber. Über den Beitrag zu der gestiegenen Zahl an Abbrüchen aus der FAZ bin ich allerdings sehr enttäuscht. Auch Sie als Wissenschaftler lassen sich von der absoluten Zahl leiten ohne einen Blick auf die Quote pro 10000 Frauen zu werfen oder das Verhältnis zu den Lebendgeburten zu kennen! Die Geburtenstatistik für 2017 wurde vom Bundesamt für Statistik bis dato noch gar nicht veröffentlicht!
Auch über diese schlichte Verknüpfung mit der Freigabe der Pille danach bin ich aus Ihrer Feder sehr enttäuscht. Die Entstehung ungeplanter Schwangerschaften und die Entscheidung darüber ob sie weitergeführt oder abgebrochen werden ist weitaus komplexer. Die Erfahrung anderer Länder hat uns ja bereits gelehrt dass die Rezepfreiheit der Pille danach keinen Einfluss auf die Abbruchzahlen hatte. Warum sollte es in Deutschland anders sein.? Der Zugang für Frauen und Mädchen sollte vereinfacht werden, dagegen war medizinisch nichts einzuwenden. Dass massiv UPA beworben wird und ihr selbst bei Pilleneinnahmefehlern trotz bekannter Wechselwirkungen und in der Stillzeit trotz längerer notwendiger Stillpause der Vorzug vor LNG gegeben wird in ist noch eine andere Diskussion. Das war schon vor der Freigabe so! Die Erwähnung der Beratungsarbeit von Ärzt*innen in dem Kontext konnte ich in dem Artikel beim besten Willen nicht finden. Vielleicht habe ich aber auch nur Zugang zu einer Kurzversion. Ich stelle sie aus meiner persönlichen praktischen Tätigkeit sowohl in der Beratungsstelle wie auch in der Praxis im Rahmen der Notfallverhütung sehr in Frage. Zu einer Verhütungsberatung gehört eine Beratung zu Notfallverhütung! Der umgekehrte Fall war auch vor der Freigabe nicht real. (Fachfremde Ärzte im Notdienst, in der Sprechstunde oder Ambulanz zwischen Tür und Angel oder eingeschoben…)
Dafür war der Abbruch aus medizinischer oder kriminologischer Indikation zumindest mißverständlich wenn nicht sogar falsch bei der FAZ geschrieben: es gibt in keinem der Fälle eine Zwangsberatung, sondern es braucht Ärzt*innen, die bereit sind die entsprechenden Indikationen zu schreiben. Dies mögen Ärzt*innen in Beratungsstellen sein, sofern es dort welche gibt. Das kann aber jede*r fachkundige Ärzt*in grundsätzlich tun. Längst nicht alle kennen sich leider damit aus! Wenn Frauen den Weg in die Beratung freiwillig suchen, umso besser, aber sie sind dazu nicht verpflichtet! Das müsste man allerdings der FAZ noch schreiben!
Mit freundlichen Grüßen
Gabrielle Stöcker
pro familia Beratungsstelle Köln-Zentrum
Guten Morgen, Frau Stöcker,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort auf mein Zitat aus der FAZ. Ich möchte auch die Beratungsarbeit von Ärztinnen und Ärzten nicht schlechtreden oder unterschätzen. Mir geht es um die Seite der Apotheken: Ich schätze Apothekerinnen und Apotheker ob ihrer Fachkompetenz bei Wechselwirkung von Medikamenten und ihrem großen Wissen um Inhaltsstoffe, Wirkungsweisen sowie für das Herstellen von Rezepturen für die individuelle Behandlung unserer Patientinnen.
Die Empfehlungen der Apothekerkammer für die Beratung von Frauen, die sich UPA oder LNG zur Notfallkontrazeption aus der Apotheke holen, sind jedoch ungenügend und zeigen, dass hier die Apotheken an ihre Grenzen kommen. WIR können beraten, dass sollte der Schwerpunkt meines Blogs sein, weil wir eine vernünftige Anamnese erheben können, den Zyklus mit dem Zeitpunkt des ungeschützten Verkehrs abgleichen und einschätzen, ob überhaupt eine Notfallkontrazeption notwendig ist – ggf. untermauert mit einer Ultraschalluntersuchung oder sogar hormonellen Messungen, wenn es mal kritisch ist (z.B. in der genannten Stillzeit).
Dazu darf ich auch auf meinen Beitrag im FRAUENARZT verweisen, in dem ich das Thema schon mal aufgegriffen hatte. Dort finden Sie auch den exakten Bezug der Schwangerschaftsabbrüche auf 10 TSD Frauen und den Hinweis, dass sich seit Freigabe der Notfallkontrazeptiva nichts daran geändert hat.
Mit den besten Grüßen,
Michael Ludwig